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Unterbrechung der Eigentümerversammlung

Wenn in einer Eigentümerversammlung über ein laufendes gerichtliches Verfahren zwischen den Wohnungseigentümern diskutiert wird, ist oftmals professionelle Beratung hilfreich. Diese sollte allerdings grundsätzlich vor oder nach der Versammlung stattfinden. Denn der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 8. Juli 2016 (Az. V ZR 261/15) entschieden, dass eine Unterbrechung der Versammlung nur in besonderen Fällen möglich ist. Sie darf nur dann erfolgen, wenn sich aus der Diskussion innerhalb der Versammlung heraus dringender Beratungsbedarf ergibt und ein Beratungsgespräch aus den Reihen der Wohnungseigentümer gewünscht wird. Aber auch dann muss die Unterbrechung vorab von dem Versammlungsleiter auf eine bestimmte Zeit beschränkt werden.

Hintergrund der Entscheidung war eine Anfechtungsklage zweier Eigentümer gegen die Wiederbestellung des Verwalters. In einer späteren Eigentümerversammlung sollte über das weitere Vorgehen bezüglich dieser Klage beraten und gegebenenfalls beschlossen werden. Nachdem der Verwalter über den Stand des Verfahrens berichtet hatte, rief er einen Anwalt in den Versammlungsraum, der alle Eigentümer – bis auf zwei und die beiden Kläger – in dem Verfahren vertrat. Der Rechtsanwalt forderte die Wohnungseigentümer, die er nicht vertrat, auf, den Raum zu verlassen. Daraufhin unterbrach der Verwalter die Versammlung und verließ gemeinsam mit den protestierenden Eigentümern den Raum. Nachdem das Mandantengespräch beendet war, kehrten der Verwalter und die übrigen Eigentümer zurück und die Versammlung wurde fortgeführt. Die Wiederbestellung des Verwalters wurde erneut beschlossen. Die Kläger im ersten Anfechtungsverfahren fochten nun auch den zweiten Bestellungsbeschluss an. Im laufenden Verfahren machten sie dann ergänzend geltend, dass ihr Raumverweis unrechtmäßig war.

Der BGH erklärte zwar, dass die Unterbrechung der Versammlung fehlerhaft gewesen sei. Da die Unterbrechung allem Anschein nach schon im Voraus geplant war und nicht aufgrund eines sich während der Diskussion aus den Reihen der Wohnungseigentümer ergebenden Wunsches nach einem Beratungsgespräch beruhte, fehlte es an einem sachlichen Grund. Durch das Vorgehen des Verwalters konnte sogar der Eindruck erweckt werden, dass er einseitig die Interessen einer Eigentümergruppe wahrnimmt und somit gegen seine Neutralitätspflicht verstößt. Zudem hatte der Verwalter die Unterbrechung auch nicht vorab zeitlich begrenzt. Demnach entsprach die Unterbrechung der Versammlung nicht ordnungsmäßiger Verwaltung. Da die Kläger sich aber erst im laufenden Verfahren und somit nach Ablauf der Anfechtungsfrist auf diesen Anfechtungsgrund beriefen, konnte er im Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden. Die Anfechtung der zweiten Verwalterbestellung war daher nicht erfolgreich.