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Ausnahme bei Selbständigen

Häusliches Arbeitszimmer neben eigener Praxis

Eigentlich kann ein häusliches Arbeitszimmer nicht steuerlich geltend gemacht werden, wenn ein anderer Arbeitsplatz verfügbar ist. Das sieht § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b des Einkommensteuergesetzes vor. Eine Ausnahme gilt jedoch für Selbständige, wenn die Büroarbeit am vorhandenen Betriebsarbeitsplatz nicht zumutbar ist. Das hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 22. Februar 2017 (Az. III R 9/16) entschieden.

Die Richter hatten über den Fall eines selbständigen Logopäden zu entscheiden. Er war in den Jahren 2010 bis 2012 in zwei Praxen in angemieteten Räumen tätig, welche überwiegend von seinen vier Angestellten genutzt wurden. Für Verwaltungsarbeiten nutzte er ein häusliches Arbeitszimmer. Die Aufwendungen dafür machte er in seinen Gewinnermittlungen geltend. Das Finanzamt erkannte sie jedoch nicht als Betriebsausgaben an und begründete dies damit, dem Logopäden stehe in seinen Praxisräumen ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung.

Das Finanzgericht kam angesichts der konkreten Umstände zu einem anderen Ergebnis: Die notwendige Büroarbeit sei in den Praxisräumen auch außerhalb der Öffnungszeiten nicht zumutbar. Daher könne der Logopäde Betriebsausgaben von bis zu 1.250 Euro für das Büro zu Hause steuerlich geltend machen. Dieser Argumentation folgte der Bundesfinanzhof in der Revision.

Wenn die tatsächliche Nutzbarkeit des Schreibtischarbeitsplatzes in den Betriebsräumen eines Selbständigen durch ihre Beschaffenheit oder die Rahmenbedingungen der Nutzung so stark eingeschränkt ist, dass der Steuerpflichtige einen nicht unerheblichen Teil seiner beruflichen Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer verrichten muss, kommt das Abzugsverbot gemäß Einkommensteuergesetz nicht zum Tragen, so die Richter.

Sie betonten allerdings, dass ein Selbständiger im Gegensatz zu einem Arbeitnehmer grundsätzlich die Einrichtung seiner Betriebsräume und deren Nutzung selbst bestimmen kann. Üblicherweise wird er seinen Betrieb so organisieren, dass ihm dort jederzeit ein zumutbarer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Der zu verhandelnde Streitfall war durch das Zusammenspiel mehrerer konkreter Umstände eine Ausnahme: Aufgrund des offenen Praxiskonzepts, der Nutzung durch Angestellte für laufende Behandlung, die Vertraulichkeit der zu bearbeitenden Unterlagen und der Zeitgebundenheit der taggenauen Patientenabrechnungen konnte der Logopäde seine Verwaltungstätigkeiten nur im häuslichen Arbeitszimmer erledigen.