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Immobilienschenkung

Wenn die Steuer zum Verkauf zwingt

Herbert M. ist Eigentümer eines Mehrfamilienhauses in der Münchner Innenstadt, nahe dem Marienplatz. Vor mehr als zwanzig Jahren hat er das Gebäude von seiner Oma übernommen. Heute befindet sich auf jeder der sechs Etagen eine Wohnung. Die langjährigen Mieter zahlen jeweils rund 500 Euro. Sie fühlen sich wohl hier, auch wenn das Haus mittlerweile in die Jahre kommt. Nun möchte Herbert M. sein Immobilieneigentum aus Altersgründen gerne an seine Tochter weitergeben. Und damit haben die beiden ein Problem, nämlich die Schenkungsteuer.

Die Ermittlung des steuerlichen Wertes – eine Hilfskonstruktion
Ihre Höhe bemisst sich nach dem Verwandtschaftsverhältnis, der Steuerklasse des Beschenkten und dem Wert der Immobilie. Für das ungeteilte Mehrfamilienhaus wird der steuerliche Wert nach dem sogenannten Ertragswertverfahren ermittelt. Ausgangspunkt der Bewertung der Immobilie ist zwar aufgrund der gesetzlichen Vorgaben der Stichtagszustand. Dennoch sieht das Gesetz vor, dass die tatsächlich vereinnahmten Mieten mit der ortsüblichen Miete zu vergleichen ist. Weicht diese um mehr als 20 Prozent nach oben oder auch nach unten ab, ist die ortsübliche Miete anzusetzen. Sie beträgt in der Innenstadt von München sicherlich schon 16 bis 20 Euro pro Quadratmeter.

Für Familie H. bedeutet dieses Verfahren: Durch diese Berechnungsgrundlage erhöht sich der steuerliche Wert des Gesamtgebäudes von drei Millionen auf rund 3,6 Millionen Euro, ohne dass Herbert M. die Mieten tatsächlich vereinnahmt. Dafür ist in der Steuerklasse I ein Steuersatz in Höhe von 19 Prozent fällig, also 684.000 Euro. Die Kosten für notwendige Sanierungsmaßnahmen würden sich auf zusätzliche 400.000 bis 500.000 Euro belaufen. Beide Posten zusammen können Vater und Tochter beim besten Willen nicht auf Anhieb stemmen. Auch die Perspektive, die Mieten in den Wohnungen nach und nach anzuheben, hilft ihnen wenig. Die aktuellen Mieten liegen so weit unter den ortsüblichen Mieten, dass es viele Jahre dauern würde, deren Niveau zu erreichen. Als Basis für ein Finanzierungskonzept ist das zu wackelig. Herbert M. und seine Tochter haben nur eine Möglichkeit – nämlich das langjährige Familieneigentum zu verkaufen.

Fälle wie diesen hat Agnes Fischl immer wieder auf dem Tisch. Die Münchner Fachanwältin für Erbrecht und Partnerin der Kanzlei convocat GbR ist aktives Mitglied im Steuerausschuss von Haus & Grund Deutschland. Sie kämpft für eine Reform der Schenkung- und Erbschaftsteuer. „Die steuerliche Bewertung von Immobilieneigentum ist schlicht ungerecht“, betont sie. In Fällen wie dem von Familie M. sei klar, was passieren werde: Der neue Eigentümer des Gebäudes werde auf jeden Fall mittel- bis langfristig versuchen, die Mieter aus den Wohnungen herauszubekommen, damit er die Mieten erhöhen kann. „Damit verschwindet dann ein weiteres Haus, das bislang für Otto-Normal-Verbraucher erreichbar war, vom Markt. Letztlich leistet die Schenkungsteuer der Mietpreistreiberei Vorschub.“

Reform nach dem Vorbild Unternehmerbegünstigung
Aus Sicht der Juristin könnten Immobilieneigentümer im Erbschafts- und Schenkungsfalle ähnlich begünstigt werden wie Unternehmer: Wenn ein Unternehmen an die nächste Generation übergeben wird und der Beschenkte die Lohnsumme nicht verändert, dann wird er steuerlich begünstigt. Übertragen auf Immobilieneigentum könnte dies heißen: Wenn ein Eigentümer seine Immobilie an einen Familienangehörigen weiterreicht und dieser beispielsweise zehn Jahre lang die Miete nicht erhöht, könnte er vergleichbar dem Unternehmer begünstigt werden. „Im Ergebnis würde eine solche Reform zur Sicherung von sozial verträglichen Mieten führen“, unterstreicht Agnes Fischl.