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Grundsteuer

Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht

Das Bundesverfassungsgericht klärt derzeit die Frage, ob die aktuelle Bewertungspraxis bei der Grundsteuer noch verfassungsgemäß ist. Am ersten Verhandlungstag, dem 16. Januar 2018, war Haus & Grund Deutschland mit Präsident Kai Warnecke und Sibylle Barent, Referentin Recht und Steuern, vor Ort vertreten. Sibylle Barent schildert ihre Eindrücke:

Das Gericht hat deutlich zu erkennen gegeben, dass es die derzeitige Bewertung auf der Grundlage von Wertverhältnissen aus den Jahren 1964 (alte Bundesländer), wie sie das Bewertungsgesetz im Einheitswertverfahren für die Grundsteuer vorsieht, wohl als Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Artikel 3 Abs. 1 GG ansehen und kippen wird. Außerdem hat die Verhandlung gezeigt, dass grundsätzlich die Möglichkeit besteht, von der bisherigen Vorgabe einer verkehrswertabhängigen Basis für die Grundsteuer zu einer verkehrswertunabhängigen Besteuerung umzuschwenken.

Vertreter der Finanzbehörden des Bundes und der Länder konnten in Karlsruhe nicht nachvollziehbar darlegen, warum eine den verfassungsrechtlichen Vorgaben einer Gleichheit der Besteuerung genügende steuerliche Bewertung innerhalb der letzten vier Jahrzehnte nicht erfolgt ist. Das Gericht hat recht klar erkennen lassen, dass es deshalb nun eine eher knappe Frist für eine Neuregelung der Grundsteuerbewertung anordnen wird. Damit wird eine Umsetzung des bislang von der Mehrheit der Bundesländer favorisierten Kostenwertmodells unwahrscheinlich. Dafür wäre eine extrem aufwendige Neubewertung von rund 35 Millionen Grundstücken und Gebäuden erforderlich.

Anlässlich des ersten Verhandlungstages fanden die Ergebnisse der Haus & Grund-Berechnungen zu den möglichen Auswirkungen des Kostenwertmodells in Presse und Politik rege Resonanz. Weit über 600 Mitglieder aus allen Bundesländern hatten für die anonyme Erhebung Daten ihrer Immobilien zur Verfügung gestellt. Rund 410 Datensätze konnten insgesamt ausgewertet werden. Die Endauswertung zeigt:

  • Die steuerlichen Werte würden in den meisten Fällen durch das Kostenwertmodell massiv ansteigen, im Mittel um mehr als das Zehnfache. Der mittlere bundesweite Einheitswert liegt bei 42.733 Euro. Der mittlere Kostenwert würde bei 380.216 Euro liegen.
  • Beim Kostenwert sind starke Spreizungen der steuerlichen Werte, also extreme Abweichungen vom Mittelwert, erkennbar. Im Bundesdurchschnitt ist die Streuungsbreite innerhalb der Kostenwerte siebzig Prozent höher als die Streuungsbreite innerhalb der Einheitswerte.


Trotz aller Versprechen seitens der Politik – eine Korrektur dieser massiven Erhöhung der steuerlichen Werte durch die von den Ländern festzulegenden Steuermesszahlen und die von den Kommunen zu beziffernden Hebesätze erscheint kaum realistisch.

Es steht zu hoffen, dass das Bundesverfassungsgericht einen klaren Schlussstrich unter die bisherige Grundsteuerpraxis zieht. Mit einer Entscheidung wird bis Ende April 2018 gerechnet.