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Mieterstromgesetz

Offene Fragen und bürokratische Hürden bremsen Engagement der Eigentümer

Auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Förderung von Mieterstrom im Juli 2017 sehen sich Eigentümer mit zahlreichen Unsicherheiten konfrontiert, die ihr Engagement ausbremsen: Die eigentlichen bürokratischen Hürden bestehen fort. Die Investition in eine Solarstromanlage bleibt weiterhin ein finanzielles Wagnis. Corinna Kodim, Geschäftsführerin Energie, Umwelt, Technik, beantwortet Fragen , die aus der Organisation an sie herangetragen wurden.

Was muss beachtet werden, um den Mieterstromzuschlag zu erhalten?
Zunächst müssen zahlreiche Voraussetzungen gegeben sein: Vermieter oder Betreiber, die im Wohngebäude mit einer nach dem 24. Juli 2017 in Betrieb genommenen Solarstromanlage Strom erzeugen, der über das hausinterne Stromnetz an die Mieter geliefert und von diesen verbraucht wird, erhalten dafür einen Mieterstromzuschlag, wenn
  • die installierte Leistung der Anlagen des Gebäudes insgesamt maximal 100 Kilowatt beträgt,
  • mindestens 40 Prozent der Fläche des betreffenden Gebäudes dem Wohnen dienen und
  • der Strom nicht durch das allgemeine Stromnetz geleitet wird.

Die jährliche Förderung ist in Summe auf 500.000 Kilowatt Leistung gedeckelt. Bisher liegt die Summe der Leistung der seit 2017 für die Mieterstromversorgung angemeldeten Solaranlagen unter 700 Kilowatt (Stand April 2018).

Des Weiteren muss mit den Mietern oder Wohnungseigentümern ein Mieterstromvertrag abgeschlossen werden. Als nächstes ist gegenüber dem Netzbetreiber als sogenannte Veräußerungsform der Mieterstromzuschlag bekannt zu geben. Gleichzeitig muss angegeben werden, wie die Vergütung des überschüssigen, im Haus nicht verbrauchten und in das allgemeine Netz eingespeisten Stroms erfolgen soll: Direktvermarktung oder Einspeisevergütung. Für kleinere Anlagen empfiehlt sich die feste Einspeisevergütung. Schließlich muss die Mieterstromlieferung im Marktstammdatenregister, das von der Bundesnetzagentur (www.bundesnetzagentur.de) verwaltet wird, registriert werden.

Wie hoch ist der Mieterstromzuschlag?
Die Höhe des Mieterstromzuschlags hängt vom Zubau der Fotovoltaikanlagen insgesamt („atmender Deckel“) und von der Größe der im Gebäude installierten Solaranlage ab. Dabei werden von der monatlich festgelegten Einspeisevergütung für Solarstrom 8,5 Cent pro Kilowattstunde abgezogen. Derzeitig liegt der Mieterstromzuschlag zwischen 3,70 Cent je Kilowattstunde für Anlagen bis 10 Kilowatt und 2,11 Cent je Kilowattstunde für Anlagen bis 100 Kilowatt Leistung (Stand April 2018).

Darf der im Haus erzeugte und von den Mietern verbrauchte Strom über die Betriebskosten mit den Mietern abgerechnet werden?
Die Abrechnung des an die Mieter gelieferten Stroms aus einer hauseigenen Solar- oder BHKW-Anlage muss über einen Stromliefervertrag geregelt werden, und zwar mit jedem Mieter separat. Die Abrechnung über die Betriebskosten ist nur möglich, wenn der erzeugte Solarstrom für die Hausstromversorgung (Beleuchtung, Fahrstuhl, Heizungsanlage) genutzt wird.

Was muss ein Stromliefervertrag beinhalten?
Der Vertrag muss den Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) entsprechen. Vor allem darf das Recht des Mieters auf freie Wahl seines Stromlieferanten nicht beschränkt werden. Neben den Angaben zum Lieferanten (Vermieter, Betreiber) und Stromkunden (Mieter) werden in einem Stromliefervertrag die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien, der Strompreis, die Messung und Abrechnung des verbrauchten Stroms, Vertragsbeginn, -dauer und Kündigungsfristen sowie Klauseln zur Haftung, Informationspflichten und Streitbeilegung geregelt. Der Stromliefervertrag sollte auch eine Preisanpassungsklausel enthalten, da sich Umsatzsteuer, Stromsteuer, EEG-Umlage oder Netzentgelt gegenüber dem Stand zum Vertragsabschluss ändern können. Auch die Weiterberechnung der Einführung etwaiger neuer gesetzlicher Steuern oder Abgaben sollte vorbehalten werden.

Was muss speziell bei Mieterstromverträgen beachtet werden?
Um das Recht des Mieters auf die freie Wahl seines Stromanbieters sicherzustellen, darf ein Mieterstromvertrag nicht Bestandteil des Mietvertrags sein. Die Laufzeit eines Mieterstromvertrags ist auf ein Jahr begrenzt. Eine stillschweigende Verlängerung ist jeweils nur um ein Jahr möglich. Der Mieterstromvertrag muss unabhängig vom Mietvertrag innerhalb von drei Monaten vor Ablauf der Vertrags- oder der stillschweigend verlängerten Vertragslaufzeit gekündigt werden können. Bei Kündigung des Mietvertrags endet auch der Mieterstromvertrag mit der Übergabe der Wohnung. Der zu zahlende Strompreis darf nicht 90 Prozent des jeweiligen Grundversorgungstarifs auf Basis des Grund- und Arbeitspreises überschreiten.

Wie wird der Mieterstrompreis kalkuliert?
Der Vermieter oder Betreiber einer hauseigenen Solaranlage kann vom Mieter oder Wohnungseigentümer einen Preis für den an ihn gelieferten und verbrauchten Strom verlangen. Bei Mieterstromverträgen darf dieser jedoch maximal 90 Prozent des jeweiligen Grundversorgungstarifs betragen. Ob dieser Preis auskömmlich ist, hängt von mehreren Faktoren ab: der Höhe des Mieterstromzuschlages, der Größe der im Gebäude installierten Solaranlage, der an die Mieter gelieferten und ins Netz eingespeisten Strommengen, der Kosten des aus dem Netz bezogenen Zusatzstroms etc. Netzentgelte, Stromsteuer und Konzessionsabgaben müssen für den Mieterstrom, nicht aber für den Zusatzstrom gezahlt werden. Es wird auch die volle EEG-Umlage von gegenwärtig 6,79 Cent je Kilowattstunde Mieterstrom und Zusatzstrom fällig.

Was ist, wenn ein oder mehrere Mieter den Stromvertrag kündigt?
Aufgrund der Liberalisierung des Strommarktes können Mieter nicht zur Abnahme des im Haus erzeugten Stroms verpflichtet werden. Sie können jederzeit unter Einhaltung der gesetzlichen und vertraglichen Kündigungsfristen den Stromlieferanten wechseln. Für Strom, der nicht mehr an die Mieter geliefert und verbraucht wird, fallen die Einnahmen aus Mieterstromzuschlag und dem vom Mieter gezahlten Erlös weg. Der Strom kann in das allgemeine Netz eingespeist und dafür die Einspeisevergütung nach EEG kassiert werden. Der Wegfall eines oder gar mehrerer Mieterstromkunden kann die Finanzierung der Solaranlage gefährden.

Muss auf den an die Mieter verkauften Strom eine Steuer abgeführt werden?
Die Einnahmen aus dem Stromverkauf, den Mieterstromzuschlägen und der Einspeisevergütung nach EEG müssen als gewerbliche Einnahmen versteuert werden. Darüber hinaus unterliegt der an die Mieter verkaufte Strom der Umsatzsteuerpflicht.