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Tatsächliche Wohnungsgröße auch bei Betriebskosten anzusetzen

Rechtsprechungsbestätigung durch neuerliches Urteil des Bundesgerichtshofes vom 16.01.2019 – VIII ZR 173/17 -

Für die Verteilung von Betriebskosten nach Wohnfläche kommt es auf die tatsächliche und nicht auf die vereinbarte Wohnungsgröße an. Seine Rechtsprechung, dass die vereinbarte Wohnfläche maßgeblich ist, wenn diese nicht mehr als 10 Prozent von der tatsächlichen abweicht, gab der Bun-desgerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 30. Mai 2018 auf.

Gleiche Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 16. Januar 2019 bestätigt und führte ergänzend aus, dass bei der Ermittlung der Wohnfläche öffentlich-rechtliche Nutzungsbeschränkungen vermieteter Wohnräume weder im Rahmen einer Mietminderung noch bei der Abrechnung der Betriebskosten zu berücksichtigen seien, sofern die Nutzbarkeit der Räu-me mangels Einschreitens der zuständigen Behörden nicht eingeschränkt ist.

In der Praxis ist es für die Vermietungspraxis hauptsächlich relevant, dass - sofern und soweit Be-triebskosten nach gesetzlichen Vorgaben ganz oder teilweise nach Wohnflächenanteilen umgelegt werden - es für die Abrechnung im Allgemeinen der jeweilige Anteil der tatsächlichen Wohnfläche der betroffenen Wohnung an der in der Wirtschaftseinheit tatsächlich vorhandenen Gesamtwohn-fläche maßgebend  ist (BGH, Urteil vom 16.01.2019 – VIII ZR 173/17; BGH, Urteil vom 30.05.2018 - VIII ZR 220/17)

Mit seinen Entscheidungen zur Betriebskostenabrechnung ändert der Bundesgerichtshof seine mehr als zehn Jahre alte Rechtsprechung. So galt seit 2007 die im Mietvertrag genannte Wohnflä-che als Grundlage für die Abrechnung, wenn die Betriebs- und Heizkosten nach Wohnfläche abge-rechnet wurden (BGH VIII ZR 261/06). Die einzige Ausnahme war nur dahingehend zu finden, wenn die Abweichung der im Mietvertrag genannten Wohnfläche zur tatsächlichen Wohnfläche mehr als zehn Prozent betrug. Nach der neuen Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist für die Abrechnung nunmehr ausschließlich die tatsächliche Wohnfläche maßgeblich; die 10-prozentige Toleranzgrenze entfällt. Damit hat der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung in puncto Betriebs- und Heizkos-tenabrechnung an die bereits bestehende Rechtsprechung zur Mieterhöhung angeglichen. Auch hier gilt die tatsächliche Wohnfläche und nicht die gegebenenfalls abweichende aus dem Mietver-trag. Nur bei der Mietminderung gibt es noch Spielraum von 10%; hier dürfen Mieter dürfen erst dann die Miete mindern, wenn ihre Wohnung mehr als 10 Prozent kleiner ist, als im Mietvertrag angegeben.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes war abzusehen.

In § 7 Abs. 1 Satz 5 HeizkostenV ist geregelt, dass der sog. "Festanteil" an den Heizkosten "nach der Wohn- oder Nutzfläche oder nach dem umbauten Raum zu verteilen (ist); es kann auch die Wohn- oder Nutzfläche oder der umbaute Raum der beheizten Räume zu Grunde gelegt werden." Stimmt eine im Mietvertrag vereinbarte Fläche mit der wirklichen Fläche nicht überein, stellt sich die Frage, welcher Wert für die Umlage der Heizkosten maßgeblich ist. In den Urteilen vom 07.07.2004 (IMR 2006, 1018 - nur online) und vom 23.05.2007 (IMR 2007, 242) hat der BGH für das Mieterhöhungs-verfahren entschieden, dass bei einer Abweichung der im Mietvertrag ausgewiesenen Fläche von der tatsächlichen Fläche zu differenzieren sei: Beträgt die Abweichung mehr als 10%, so sei die tat-sächliche Fläche maßgebend; betrage sie weniger als 10%, so komme es auf die Vertragsfläche an. Im Urteil vom 31.10.2007 (IMR 2008, 1) hat der BGH unter Rückgriff auf diese Entscheidungen aus-geführt, dass dieselben Grundsätze gelten, wenn der verbrauchsunabhängige Teil der Heizkosten nach dem Flächenmaßstab auf den Mieter umgelegt werde. Die Rechtsprechung des BGH führte in der Praxis zu erheblichen Problemen. Im Urteil vom 18.11.2015 (IMR 2016, 60) hat der BGH die frü-her vertretene Ansicht zur maßgeblichen Wohnfläche bei der Mieterhöhung aufgegeben. In der Entscheidung ist ausgeführt, dass für den nach § 558 BGB vorzunehmenden Abgleich der begehr-ten Mieterhöhung mit der ortsüblichen Vergleichsmiete allein die tatsächliche Größe der vermiete-ten Wohnung maßgeblich sei. Eine Anpassung des Mietvertrags nach den Grundsätzen des Weg-falls der Geschäftsgrundlage hat der BGH abgelehnt. Nichts anderes kann für die Umlage der Be-triebskosten (wozu auch die Heizkosten zählen) gelten. Auch hier kommt es stets auf die wirkliche Fläche an.

Problematisch bei Rechtsprechung des BGH ist der Umstand, dass es bei der Ermittlung der tatsäch-lichen Wohnfläche meistens Messdifferenzen – selbst bei fachmännischer Ausmessung der Woh-nung – bei der tatsächlichen Wohnflächenermittlung gibt, so dass Streitigkeiten über die Größe der Wohnung „Tor und Tor“ geöffnet wird. Dem Vermieter bleibt daher auch bei der Betriebskostenab-rechnung zur Vermeidung von Einwendungen der Mieter hinsichtlich der Wohnungsgröße nichts anderes übrig, als die Wohnfläche fachmännisch erfassen zu lassen, zumal der Vermieter die Be-weislast über die berechnete Wohnfläche trägt.
Henry Naporra RechtstippHenry Naporra
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Haus & Grund Frankfurt