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Schadensbeseitigung

BGH zu Ausübungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft

Haben Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Beseitigung eines Schadens im Gemeinschaftseigentum, dann hat die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht immer eine automatische – also geborene – Befugnis, diesen Anspruch an sich zu ziehen. Das hat der Bundesgerichtshof mit seinem Urteil vom 26. Oktober 2018 (V ZR 328/17) entschieden.

Im konkreten Fall ließ ein Wohnungseigentümer ohne vorherigen Beschluss der Eigentümerversammlung fünf Dachflächenfenster in das Dach des Hauses einbauen. Ein nachträglich gefasster Genehmigungsbeschluss wurde durch Urteil für nichtig erklärt. Nunmehr verlangen die klagenden Wohnungseigentümer, dass der Beklagte die Fenster wieder ausbaut und den vorherigen Zustand wieder herstellt. In einer folgenden Eigentümerversammlung wurde ein Beschluss darüber gefasst, dass die Gemeinschaft den Rückbauanspruch der Wohnungseigentümer an sich zieht, sie also allein befugt ist, den Anspruch geltend zu machen. Die bereits klagenden Wohnungseigentümer haben gegen diesen Beschluss Anfechtungsklage erhoben, woraufhin das angerufene Gericht feststellte, dass der gefasste Beschluss nichtig sei; die Gemeinschaft habe die Befugnis nicht an sich gezogen. Die daraufhin eingelegte Berufung ist bisher nicht entschieden. Eine Klage auf Rückbau hat die Gemeinschaft aber auch nicht erhoben.

In dem hier zu entscheidenden Fall gab das zuständige Amtsgericht den klagenden Wohnungseigentümern recht und verurteilte den Beklagten zum Rückbau. Das Berufungsgericht hob das Urteil indes wieder auf. Es begründete seine Entscheidung damit, dass die klagenden Wohnungseigentümer nicht prozessführungsbefugt seien, weil die Gemeinschaft bereits eine geborene Ausübungsbefugnis besitze. Sie habe den Anspruch nicht an sich ziehen müssen, da er nach der Natur der Sache bestehe.

Der Bundesgerichtshof sieht das anders. Grundsätzlich habe die Gemeinschaft für Ansprüche aus dem Miteigentum – soweit diese auf Schadensersatz gerichtet sind – eine geborene Ausübungsbefugnis. Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche hingegen könne die WEG lediglich per Mehrheitsbeschluss an sich ziehen. Nur durch einen solchen Beschluss würde sie ihre alleinige Zuständigkeit für die gerichtliche Geltendmachung begründen. Selbst bei Vorliegen von Schadensersatzansprüchen aufgrund der Verletzung des Gemeinschaftseigentums hat die Gemeinschaft lediglich eine geborene Ausübungsbefugnis, wenn diese Ansprüche auf mehreren Wegen geltend gemacht werden können. Dies sei interessengerecht. Denn bauliche Veränderungen oder der rechtswidrige Gebrauch des Gemeinschaftseigentums werden in der Regel nicht alle Wohnungseigentümer gleichermaßen treffen, so dass es nicht erforderlich ist, dass sich die Gemeinschaft von vornherein damit befasst. Dadurch werde auch nicht das Wahlrecht der Gemeinschaft vereitelt, wie der Ausgleich zu erfolgen hat.

Hinweisend führen die Bundesrichter aus, dass der WEG die Ausübungsbefugnis nicht wirksam per Beschluss zugesprochen werden kann, wenn der Beschluss rechtsmissbräuchlich und aus diesem Grund nichtig sei. Dies sei immer dann der Fall, wenn ein einzelner Wohnungseigentümer seinen Individualanspruch bereits gerichtlich geltend gemacht habe, eine Rechtsverfolgung durch die Gemeinschaft nicht beabsichtigt ist und die Beschlussfassung einzig dazu dienen soll, den laufenden Individualprozess zu beenden. Denn dies widerspräche dem Sinn und Zweck der Vergemeinschaftung eines Anspruchs.