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Mietpreisbremse

Gutachten belegt moderate Wirkung

In Gebieten mit geltender Mietpreisbremse steigen die Mieten verlangsamt. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten, welches das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) im Auftrag des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz erstellt hat. Darin hat das DIW Erkenntnisse verschiedener empirischer Studien zur Wirkung der Regulierung zusammengefasst und Ergebnisse eigener Untersuchungen dargestellt.

Bezüglich des Mietanstiegs zeigen die zugrunde liegenden Studien unterschiedliche Ergebnisse: Einige kommen zu dem Schluss, dass die Mietpreisbremse in den Märkten besonders gut wirkt, in denen der Mietanstieg besonders hoch war. Andere sehen eine Wirkung besonders bei höherpreisigen Wohnungen. Insgesamt stiegen die Mieten dem Gutachten zufolge in Bestandsgebäuden unter Geltung der Mietpreisbremse weniger stark, wohingegen sie in den von der Mietpreisbremse ausgenommenen Neubauten stärker  als zuvor anstiegen.

Negative Auswirkungen auf die Bautätigkeit, auf Modernisierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen und damit die Wohnqualität oder auf die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen belegt das DIW-Gutachten nicht. Es brachte auch keinen Nachweis dafür, dass sozial schwache Haushalte durch die Mietpreisbremse leichter eine Wohnung finden.

Ein weiteres Ergebnis der Evaluierung ist, dass die Mietpreisbremse nicht immer eingehalten wird. Dies sei aber nicht zwingend auf ein bewusstes Umgehen der Mietpreisbremse durch die Vermieter zurückzuführen, denn auch aufgrund der gesetzlichen Ausnahmen sei ein Abweichen von der Obergrenze möglich. Ein weiteres Problem sei vermutlich, dass weder Vermieter noch Mieter die zulässige Miethöhe kennen.

CDU/CSU und SPD hatten im Koalitionsvertrag 2018 eine Evaluierung der Mietpreisbremse vereinbart. Im Anschluss an die Präsentation des Gutachtens kündigte Bundesjustizministerin Katarina Barley an, sie werde im Frühjahr einen Entwurf zur Verlängerung der bis 2020 befristeten Regelung vorlegen.

Empfehlungen der Gutachter

  • Die Ausnahmen der Mietpreisbremse müssen erhalten bleiben. Zur Vereinfachung des Vollzugs der Mietpreisbremse sollen Vermieter unabhängig vom Abschluss des Mietvertrags darüber informieren, wenn sie gesetzliche Ausnahmen in Anspruch nehmen.
  • Wenn der Mieter rügt, sollen Vermieter zur Rückzahlung einer überhöhten Miete bis zu Beginn des Vertragsschlusses verpflichtet werden. Es könne jedoch eine Frist für die Rüge eingeführt werden, um den Rechtsfrieden zu erhalten.
  • Die Mietpreisbremse muss im Zusammenspiel mit Änderungen des Mietspiegels betrachtet werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass Vermietung so unattraktiv wird, dass Wohnungen in großem Maße abgestoßen oder in Eigentumswohnungen umgewandelt werden.
  • Eine zeitlich befristete Verlängerung der Mietpreisbremse ist vertretbar. Eine Entfristung oder Ausweitung auf das gesamte Bundesgebiet hingegen wird aus Praktikabilitätsgründen sowie hinsichtlich des Vertrauens von Investoren in die regulatorischen Rahmenbedingungen strikt abgelehnt.
  • Die Autoren der Studie bemängeln, dass die Politik die Zeit seit Inkrafttreten der Mietpreisbremse nicht genutzt habe, um wirksame Maßnahmen gegen Wohnungsknappheit zu ergreifen.

Fallanalysen: Die Mietpreisbremse vor Gericht

Ministerin Katarina Barley erläuterte in einem Pressegespräch ihren Kenntnisstand zu Gerichtsverfahren zur Mietpreisbremse. Danach konnten Mieter in drei Viertel der 91 Gerichtsverfahren Mieter Rückzahlungen zu viel gezahlter Miete zwischen 20 und 650 Euro im Monat durchsetzen. Auf die Nachfrage von Haus & Grund, nach welchem System die untersuchten Fälle ausgewählt wurden, hieß es aus dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, es handle sich um die Fälle, die dem Ministerium zur Kenntnis gelangt seien.

Der Verbraucherschutzorganisation Stiftung Warentest sind mit Stand Mitte Januar 2019 rund doppelt so viele Fälle zur Kenntnis gelangt wie dem zuständigen Ministerium.

Stiftung Warentest analysiert erheblich mehr Fälle als Barley-Ministerium
Tatsächlich handelt es sich bei der Darstellung des Ministeriums nur um einen zufälligen Ausschnitt. Stiftung Warentest hat Anfang 2018 öffentlich und durch gezielte Ansprache, beispielsweise von Anwaltskammern, Mietervereinen und Prozessfinanzierern, dazu aufgerufen, Gerichtsverfahren zur Mietpreisbremse zu melden. Diese werden auf der Internetseite der Verbraucherschutzorganisation dokumentiert. Auch dort ist damit zwar nur ein Teil der Gerichtsfahren zu sehen – Stiftung Warentest geht von einer hohen Dunkelziffer bei den Verfahren aus, die nicht über Portale wie wenigermiete.de durchgesetzt werden –, doch handelt es sich hier immerhin um 179 Fälle (Stand: 18. Januar 2019), also deutlich mehr als vom Ministerium betrachtet.

Schwerpunkt Berlin
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit – spannend ist ein Blick auf die Details. Zum Beispiel auf die regionale Verteilung der Gerichtsverfahren: Je ein Verfahren wurde aus Kiel und Düsseldorf gemeldet, je zwei aus Frankfurt/Main und München, drei aus Stuttgart, sechs aus Hamburg und acht aus Köln. Alle anderen wurden an Gerichten in Berlin geführt.

Private Vermieter unterdurchschnittlich betroffen
In der Liste der beklagten Vermieter finden sich bei Stiftung Warentest 75 private Eigentümer – also rund 40 Prozent. Damit sind private Vermieter, die mehr als 60 Prozent aller Mietwohnungen stellen, deutlich unterdurchschnittlich von Gerichtsverfahren zur Mietpreisbremse betroffen.

Weit mehr Gerichtsverfahren als betroffene Vermieter
Wir haben den Stand der Stiftung-Warentest-Tabelle im Mai 2018 mit dem heutigen Stand verglichen. Dabei zeigt sich, dass Wohnungsunternehmen, die damals von einem Mieter verklagt wurden, heute von mehreren Mietern mit derselben Postleitzahl, also möglicherweise von Nachbarn, verklagt werden. Die Zahl der dokumentierten Fälle ist also erheblich höher als die Zahl der betroffenen Vermieter. In der öffentlichen Debatte wird beides oft gern gleichgesetzt.

Zum Weiterlesen:
Die Tabelle bei Stiftung Warentest wird regelmäßig aktualisiert: