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Niedrige Zinsen für Immobilienkredite

Vor- und Nachteile der aktuellen EZB-Politik

In einer Pressemitteilung vom 12. September gab die Europäische Zentralbank (EZB) bekannt, den Leitzinssatz unverändert bei null Prozent zu halten. Zudem wurde der Strafzins von 0,4 auf 0,5 Prozent erhöht. Die Strafzinsen der EZB sollen Banken dazu anregen, mehr Kredite zu vergeben, da es für sie teurer wird, das Geld bei der EZB zu lagern. Viele Geldinstitute lösen dieses Problem aktuell, um damit ihr Baufinanzierungsvolumen auszuweiten. Hiervon profitieren vor allem Immobilienkäufer und -eigentümer, die planen zu investieren, wohingegen Sparer mit Verlusten rechnen müssen.

Die Immobiliendarlehen haben derzeit den niedrigsten Stand in der Geschichte der Bundesrepublik erreicht. Die Konditionen für zehnjährige Darlehen zur Baufinanzierung liegen im besten Fall zum Teil sogar bei unter 0,5 Prozent, so die Münchener Interhyp. Grundlage dieser Aussage ist laut Interhyp ein Vergleich der Konditionen von über 400 Banken. Die derzeitigen Zahlungsbedingungen scheinen für Kreditnehmer zu schön, um wahr zu sein. Die aktuelle Zinspolitik der EZB birgt jedoch auch Risiken.

Auswirkungen niedriger Zinsen auf Baukosten und Immobilienmarkt
Für alle Kreditnehmer liegt ein klarer Vorteil der derzeitigen EZB-Politik darin, dass es preiswert ist, sich Geld bei der Bank zu leihen. Expertenmeinungen zufolge wird sich daran so schnell auch nichts ändern. Die Zinsen könnten eventuell sogar noch weiter sinken. Dadurch wird die Bautätigkeit – vor allem in begehrten Lagen – jedoch weiter zunehmen. Der derzeitige Binnenwanderungstrend führt in vielen deutschen Metropolen zusätzlich zu Knappheit auf den Immobilienmärkten, was die Kaufpreise weiter steigen lässt. Günstige Kredite stehen zum Teil also hohen Baukosten gegenüber.

Die schwache europäische Wirtschaft und die zu niedrigen Inflationserwartungen haben zur Folge, dass die EZB den Leitzins vorerst bei null Prozent hält und diesen erst wieder erhöht, wenn sie ihr Mandat der Preisstabilität erfüllt. Laut Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), dürfte es allerdings noch einige Jahre dauern, bis dieses Ziel erreicht ist. Es ist daher nicht auszuschließen, dass die Zinsen für Immobiliendarlehen weiter fallen und sogar negativ werden könnten, was bedeuten würde, dass Kredite nicht in voller Höhe zurückgezahlt werden müssten. Je niedriger der Zins, desto geringer auf den ersten Blick natürlich auch die Schuldenlast. Eine solche Entwicklung könnte mehr Menschen dazu ermuntern, einen Kredit aufzunehmen, was den Bauboom fördern würde. Zudem könnten niedrige Zinsen Investoren und mögliche Spekulanten in den Wohnungsmarkt treiben. Aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht ist es wahrscheinlich, dass durch die massive Zunahme der Bautätigkeit eine explosive Preissteigerung folgt. Dieser Preisanstieg steigert jedoch das Risiko einer Immobilienblase. Die möglichen Folgen einer solchen Spekulationsblase wurden zuletzt in der Lehman-Krise im Jahr 2008 deutlich. Laut einer aktuellen Studie des DIW steigt das Risiko einer Immobilienblase in Deutschland, und auch EZB-Chef Mario Draghi warnt vor einer Überhitzung des europäischen Immobilienmarktes. Prognosen dieser Art sollten Kreditnehmer derzeit zwar noch nicht abschrecken, dennoch sollte man die möglichen Folgen bei der Kreditaufnahme berücksichtigen.

Mögliche Zinssteigerungen im Finanzierungsplan berücksichtigen
Aus einer Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen geht hervor, dass die Schulden der Bundesbürger innerhalb von zehn Jahren um gut ein Viertel anstiegen. Den Zahlen des Bundesfinanzministeriums zufolge nahmen Privathaushalte allein im Jahr 2018 rund 955 Milliarden Euro in Form von Krediten zur Finanzierung von Wohnungen und Häusern auf. Viele Menschen machten und machen sich die günstigen Zinsen der vergangenen Jahre also zunutze, um ihren Traum vom Eigenheim zu verwirklichen. Jedoch sollte beim Tilgungszeitraum nicht außer Acht gelassen werden, dass sich in den kommenden Jahren die Geldpolitik der EZB zwar vermutlich nicht ändern wird, die Zinsen langfristig aber durchaus wieder steigen können. Auch mögliche zukünftig anfallende Kosten sollten bei der Kredittilgung daher immer eingeplant werden.

Vorsicht vor allem bei umfangreichen Bauvorhaben
Für Kleinkredite mit kurzer Laufzeit zur Finanzierung von Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen ist der Zeitpunkt also günstig. Bei hohen Krediten sollten die potenziellen Kreditnehmer die oben benannten Risiken nicht außer Acht lassen. Wichtig ist also, bei möglichen Bauvorhaben die Entwicklung der Baukosten im Blick zu behalten und sich nicht allein von den günstigen Zinsen blenden zu lassen. Auch Nils Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg empfiehlt Wohnungsinteressenten, nicht nur zu kaufen, weil die Bauzinsen verlockend niedrig sind. In Gegenden, in denen die Kosten zur Baufinanzierung innerhalb der letzten Jahre allerdings relativ konstant geblieben sind, können sich Bauvorhaben durchaus lohnen.