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Mieterhöhung bei Fehlen eines qualifizierten Mietspiegels

Bei freifinanzierten Wohnungen - im Gegensatz zu Sozialwohnungen - darf der Vermieter im Laufe des Mietverhältnisses die Miete auf die ortsübliche Vergleichsmiete anheben. Ortsüblich ist die Miete, die für vergleichbare Wohnungen am Wohnort des Mieters durchschnittlich gezahlt wird.

Nach dem Gesetz hat der Vermieter verschiedene Begründungsmittel zur Auswahl. In seiner schriftlichen Mieterhöhungserklärung kann er sich entweder auf einen Mietspiegel berufen oder auf ein Sachverständigengutachten oder auf drei Vergleichswohnungen, in denen heute schon so viel gezahlt werden muss, wie er mit seiner Erhöhung jetzt fordert. Der Vermieter kann sich auch auf die Auskunft einer Mietdatenbank stützen kann, soweit sie von der Gemeinde selbst bzw. von Mieterverein und Hauseigentümerverein gemeinsam geführt wird. Seit September 2001 gibt es so genannte "qualifizierte Mietspiegel". Mietspiegel, die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen erstellt worden sind und von der Gemeinde bzw. den beiden Interessenverbänden - Mieter und Vermieter - gemeinsam anerkannt worden sind. Sie haben einen besonderen Stellenwert im Mieterhöhungsverfahren. Soweit es vor Ort einen qualifizierten Mietspiegel gibt, muss der Vermieter auf die Zahlen dieses Mietspiegels zurückgreifen.

In der Praxis erweist sich das Nicht-Vorhandensein eines Mietspiegels – da nicht jede Gemeinde über einen Mietspiegel verfügt - als problematisch, da der Vermieter – sofern keine einvernehmliche Erhöhung mit seinem Mieter möglich ist – sein Mieterhöhungsverlangen mit drei Vergleichswohnungen begründen muss. Hierbei darf der Vermieter keinesfalls auf die auf Vermietungsportalen zur Vermietung freistehende Wohnungen zurückgreifen, da er sein Erhöhungsverlangen mit vermieteten Wohnungen begründen muss.

Das Finden dieser Vergleichswohnungen erweist sich meistens als äußerst schwierig, so dass der Gedanke naheliegt auf den Mietspiegel der Vergleichsgemeinde zurückzugreifen.
In diesem Zusammenhang entscheid der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 21.08.2019 - VIII ZR 255/18 zu den Anforderungen auf das Zurückgreifen auf einen Mietspiegel der Nachbargemeinde, dass die Beurteilung, ob eine Vergleichbarkeit zweier Gemeinden gegeben sei oder nicht, aufgrund einer Zusammenschau aller relevanten Kriterien des jeweiligen Einzelfalls und einer sich daran anschließenden Abwägung zu erfolgen habe.

Der Mietspiegel einer anderen Gemeinde ist gemäß § 558a Abs. 4 Satz 2 BGB nur dann ein taugliches Mittel zur Begründung des Mieterhöhungsverlangens, wenn es sich um den Mietspiegel einer vergleichbaren Gemeinde handelt.

Die Beantwortung der Frage, ob es sich bei zwei Städten um vergleichbare Gemeinden im Sinne von § 558a Abs. 4 Satz 2 BGB handelt, obliegt in erster Linie der Beurteilung durch den Tatrichter. Die hierzu vom Tatrichter vorzunehmende Gewichtung und Würdigung ist regelmäßig nur eingeschränkt darauf überprüfbar, ob Rechtsbegriffe verkannt oder sonst unzutreffende rechtliche Maßstäbe angelegt wurden, ob es Denkgesetze und allgemeine Erfahrungsgrundsätze hinreichend beachtet wurden oder ob dem Richter Verfahrensverstöße unterlaufen sind, indem es etwa wesentliche Tatumstände übersehen oder nicht vollständig gewürdigt hat.

Die Begründung des Bundesgerichtshofes zur Heranziehung eines Mietspiegels einer Nachbargemeinde ist folglich kein rechtsicheres Mittel zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens, da der Begriff einer Vergleichbarkeit der Gemeinden von der Würdigung des Richters im Streitfall abhängig sein wird.

Praxistipp

In den Gemeinden, in denen kein Mietspiegel existiert, empfiehlt es sich daher bei Mietvertragsschluss eine Staffelmietvereinbarung abzuschließen, um die Problematik zur Begründung einer gewünschten Mieterhöhung während des laufenden Mietverhältnisses zu vermeiden. Andernfalls ist es empfehlenswert eine einvernehmliche Mieterhöhung mit dem Mieter zu verhandeln und wenn diese nicht möglich ist, zu gute Letzt auf Vergleichswohnungen zurückzugreifen. Eine Berechnung der Miethöhe könnte auch durch ein einzuholendes Sachverständigengutachten zur Begründung des Mieterhöhungsverlangens erfolgen; diese Vorgehensweise macht allerdings im Hintergrund der Kosten-Nutzen-Erwägung meistens aber wirtschaftlich wenig Sinn.
Henry Naporra RechtstippHenry Naporra
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht bei Haus & Grund Frankfurt