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Immobilienübertragung gegen Pflegeleistung

Wie hoch ist die Erbschaftsteuer?

Wird die Übertragung einer Immobilie als sogenannte „gemischte Schenkung“ mit Pflichten und Gegenleistungen verknüpft, wirkt sich das auf die zu zahlende Erbschaftsteuer aus. Mit Beschluss vom 5. Juli 2019 (II B 122/17) hat sich der Bundesfinanzhof dazu geäußert, wann eine gemischte Schenkung vorliegt und wie sie im Erbfall zu versteuern ist.

Folgender Fall war zu entscheiden: Einem Neffen wurde von seinem Onkel im Juli 2014 ein Mehrfamilienhaus übertragen. Als Gegenleistung wurde eine monatlich zu zahlende Rente vereinbart, die ab dem 1. August 2014 monatlich im Voraus zu zahlen war. Zudem verpflichtete sich der Neffe, den Übergeber zu pflegen, zu verköstigen und erforderliche Gänge zum Arzt und/oder zur Apotheke vorzunehmen. Der Übergeber behielt sich ein lebenslängliches unentgeltliches Wohnrecht an einer Wohnung in dem Mehrfamilienhaus vor. Die Mieten aus einer vermieteten Wohnung im Erdgeschoss sollten dem Übergeber bis zu seinem Tod oder bis zum Auszug der 94-jährigen Mieterin weiterhin zustehen. Der Onkel verstarb bereits im Dezember 2014.

Das Finanzamt vertrat nun die Auffassung, bei der Grundstücksübertragung handele es sich um eine gemischte Schenkung. Den steuerpflichtigen Erwerb ermittelte das Finanzamt, indem es vom festgestellten Steuerwert des Grundstücks den Kapitalwert der vom Neffen übernommenen Verpflichtungen, die Erwerbsnebenkosten und den Freibetrag abzog. Es bezog monatliche Beträge von 300 Euro für die vertraglich festgelegte Rente ein sowie 458 Euro für die vereinbarte Pflege jeweils für die tatsächliche Dauer von fünf Monaten. Den Kapitalwert des Wohnrechts und des Nießbrauchsrechts setzte es in Höhe von insgesamt 2.500 Euro an und berücksichtigte monatliche Beträge von jeweils 250 Euro für jede Wohnung, also insgesamt 500 Euro pro Monat. Darüber hinaus korrigierte das Finanzamt den Kapitalwert ebenfalls nach § 14 Absatz 2 Bewertungsgesetz für die tatsächliche Dauer von fünf Monaten. Schließlich zog es Erwerbsnebenkosten in Höhe von insgesamt 1.568 Euro und den Freibetrag in Höhe von 20.000 Euro ab.

Dieser Berechnungsmethode widersprach der Neffe. Die gemischte Schenkung müsse seiner Meinung nach im Wege einer Verhältnismäßigkeitsrechnung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufgeteilt werden. Die Bereicherung habe unter Berücksichtigung der vereinbarten Gegenleistungen rund 78 Prozent betragen. Bei der Übertragung handele es sich um einen voll entgeltlichen Vertrag, für den keine Schenkungsteuer festzusetzen sei. Dieser Auffassung folgte der Bundesfinanzhof nicht und sah – wie das Finanzamt auch – in der Übertragung der Immobilie auf den Neffen eine gemischte Schenkung, weil der Anteil der Gegenleistung in Form von Leistungs- und Nutzungsauflagen bei weniger als 30 Prozent des festgestellten Grundstückswerts lag. Dabei wirkte sich vor allem aus, dass nach Auffassung des Bundesfinanzhofs die mit dem Vertrag eingegangenen Risiken einer erhöhten Pflegebedürftigkeit des Übergebers und des daraus folgenden erhöhten Pflegeaufwands nicht in den Wert der Gegenleistungen einzubeziehen waren. Diese Risiken wären erst dann erwerbsmindernd zu berücksichtigen gewesen, wenn sie sich realisiert hätten, wozu es aufgrund des frühen Todes des Übertragenden nicht mehr gekommen war.

Das Finanzamt durfte dem Bundesfinanzhof zufolge den Wert der Bereicherung unter Berücksichtigung des Grundstückswerts unter Abzug des Kapitalwerts der Nutzungs- und Leistungsauflagen ermitteln. Anders als früher ist laut Bundesfinanzhof bei einer gemischten Schenkung keine gesonderte Berechnung des Verhältnisses zwischen dem Verkehrswert des zugewendeten Gegenstands und dem Wert der Gegenleistung mehr erforderlich. Der Wert der Bereicherung bei einer gemischten Schenkung wird durch bloßen Abzug der – gegebenenfalls kapitalisierten – Gegenleistung vom Steuerwert des zugewandten Grundstücks ermittelt. Das gilt auch dann, wenn im Einzelfall der nach dem Bewertungsgesetz ermittelte steuerliche Wert niedriger ist als der Marktwert der Immobilie.