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Schadensersatzpflicht bei Mietende unter dem Aspekt des Abzuges „Neu für Alt“

Im Hintergrund eines Mietendes und der damit einhergehenden Frage, welche Verpflichtungen der Mieter zur ordnungsgemäßen Rückgabe der Mietsache zu erfüllen hat, ist allgemein zwischen Schönheitsreparaturen / Renovierungsverpflichtungen aufgrund regulärer Abnutzung der Mietsache und Schäden an der Mietsache zu unterscheiden.

Ungeachtet der formalen Wirksamkeit einer Schönheitsreparaturklausel und der schwierigen Frage nach der „Erforderlichkeit“ der Renovierungsverpflichtung hat der Vermieter einen Anspruch auf Schadensersatz gegen seinen Mieter bei Mietende, wenn Substanzschäden an der Mietsache aufgefunden werden.

Der Bundesgerichtshof urteilte in einer Entscheidung vom 21. August 2019 – Aktenzeichen VIII 263/17 – zu der Verpflichtung des Mieters hinsichtlich des Rückgabezustandes,  dass dieser verpflichtet ist die ihm überlassenen Mieträume in einem dem vertragsgemäßen Gebrauch entsprechenden Zustand zu halten, insbesondere die Räume aufgrund der aus der Übertragung des Besitzes an der Wohnung folgenden Obhutspflicht schonend und pfleglich zu behandeln sowie alles zu unterlassen, was zu einer von § 538 BGB nicht mehr gedeckten Verschlechterung führen kann.

Selbst wenn die Verletzung der Obhutspflicht und ein Verschulden des Mieters hinsichtlich des negativen Rückgabezustandes angenommen werden kann, so führt diese Substanzverletzung in Einzelfällen dennoch nicht zu Schadensersatzansprüchen des Vermieters, insbesondere unter Berücksichtigung des „Abzuges Neu für Alt“ im Schadensersatzrecht.

In der vorgenannten Entscheidung des BGH urteilte das Gericht, dass durch das Entfernen einer 30 Jahre alten – nicht zum Überstreichen geeigneten, aber vor der Besitzzeit des Mieters mehrfach überstrichenen – Tapete, die sich teilweise bereits gelöst hat, dem Vermieter kein Schaden entsteht.
Hintergrund der Entscheidung war der Ausgang, dass eine Pflichtverletzung des Mieters darin liegen kann, dass er – ohne anschließend neue Tapeten anzubringen – in der Mietwohnung vorgefundene Tapeten ganz oder teilweise entfernt hat, mit der Folge, dass er einen dadurch verursachten Schaden nach § 280 Abs. 1 BGB dem Grunde nach zu ersetzen hat.

Nach dem Urteil des BGH vom 28.02.2018 bedarf es für die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches wegen Überschreitens des vertragsgemäßen Gebrauch keiner vorherigen Fristsetzung. Bei der von dem Mietgebrauch nicht mehr gedeckten Verschlechterung handelt es sich um eine nicht leistungsbezogene Nebenpflicht nach § 241 Abs. BGB, deren Verletzung eine Schadensersatzpflicht allein nach den in § 280 Abs. 1 BGB geregelten Voraussetzungen begründet. Für diese rechtliche Einordnung ist es unerheblich, ob der Schadensersatzanspruch vor oder nach Beendigung des Mietverhältnisses geltend gemacht wird.

Da die Vermieter im Rahmen des von ihnen geltend gemachten Schadensersatzanspruches nach § 280 Abs. 1 BGB die Beweislast für das Entstehen und die Höhe des geltend gemachten Schadens tragen, müssen Feststellungen zum Alter und zum Zustand der beschädigten Sache – hier: der Tapete – getroffen werden.

Im vorliegenden Sachverhalt bestand demnach zwar grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch des Vermieters gegen seine Miete wegen der Substanzverletzung, der allerdings aufgrund des Alters der Tapete und unter Berücksichtigung des Abzuges „Neu für Alt“ mit Null monetär zu beziffern war.

Praxistipp

Trotz eines beweisbaren Schadensersatzanspruches sollte der Vermieter auch immer bei der Schadensberechnung das Alter der beschädigten Sache monetär berücksichtigen, da der Schadensersatzanspruch sich nicht auf die Wiederbeschaffungskosten des Neuwertes, sondern auf den beschädigten alten Gegenstand beschränkt.

Demzufolge können Schadensersatzansprüche dem Grunde nach zu 100% einschlägig sein, der Höhe nach aufgrund des Alters der beschädigten Sache gegen Null tendieren.
Henry Naporra RechtstippHenry Naporra
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht bei Haus & Grund Frankfurt