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Baurecht in der WEG

Nachbarschutz eines Sondereigentümers

Der baurechtliche Nachbarschutz des Sondereigentümers nach dem Wohnungseigentumsgesetz ist auf das Sondereigentum beschränkt. Das und Weiteres entschied das Verwaltungsgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 29. Juli 2019 (9 L 1328/19).

Die Antragsteller sind jeweils hälftige Sondereigentümer einer Wohnung im ersten Untergeschoss einer Wohnungseigentumsanlage. Auf dem Nachbargrundstück, welches unterhalb der terrassenförmigen Anlage liegt, soll ein Mehrfamilienhaus errichtet werden. Dagegen wehren sich die antragstellenden Wohnungseigentümer mit der Begründung, dass nachbarrechtliche Vorschriften verletzt seien. Insbesondere rügten die Antragsteller, dass Abstandsflächen nicht eingehalten und der eigene freie Blick verbaut werde, da das neu zu errichtende Haus die im Bebauungsplan angegebene Geschosszahl übersteige.

Zunächst stellten die Verwaltungsrichter fest, dass die Antragsteller als Sondereigentümer grundsätzlich berechtigt sind, mittels einer Nachbarklage Beeinträchtigungen des Sondereigentums durch öffentlich-rechtliche Genehmigungen abzuwehren, soweit nachbarschützende Normen betroffen sind (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 20. August 1992, 4 B 92.92). Allerdings könne sich ein einzelner Sondereigentümer nicht auf eine Verletzung des Gemeinschaftseigentums berufen; dazu sei nur die Gemeinschaft berechtigt.

Eine solche Nachbarklage könne grundsätzlich nur dann Erfolg haben, wenn das Interesse an der Aufhebung der angegriffenen Baugenehmigung gegenüber dem öffentlichen Interesse oder dem Interesse des Bauherrn an deren Vollziehung überwiege. Dafür müsse die Baugenehmigung ersichtlich gegen Rechtsvorschriften verstoßen, die auch dazu bestimmt sind, den Nachbarn zu schützen. Die im konkreten Fall erteilte Baugenehmigung zur Errichtung des Mehrfamilienhauses verstoße nach Auffassung des Gerichts jedoch weder in bauordnungsrechtlicher noch in bauplanungsrechtlicher Hinsicht zulasten des Sondereigentums der Antragsteller gegen nachbarschützende Vorschriften. Abstandsflächen seien – hinsichtlich der Antragsbefugnis der Antragsteller – nämlich nicht verletzt worden, da die Grenzen des Sondereigentums weit genug entfernt seien. Eventuelle abstandsrechtliche Verstöße im Hinblick auf das Gemeinschaftseigentum müssten außer Betracht bleiben. Sie könnten nur durch die Gemeinschaft geltend gemacht werden.

Die Richter führten zudem aus, dass die Festsetzung einer gestaffelten Hangbebauung und einer bestimmten Geschossflächenzahl in einem Bebauungsplan keinen Nachbarschutz zur Gewährleistung eines freien Blicks in ein Flusstal rechtfertige. Daran ändere auch die Erwähnung eines „besonders reizvollen Anblicks“ in der Begründung des Bebauungsplans nichts. Der „besonders reizvolle Anblick“ könne nach Ansicht der Richter sogar eine Erhöhung der zulässigen Geschossflächenzahl in Überschreitung der allgemeinen Vorgaben rechtfertigen, um möglichst vielen Bürgern die Aussicht zugutekommen zu lassen.

Die Verbauung der Aussicht verstoße auch nicht gegen das allgemeine Gebot der Rücksichtnahme. Zwar sei die Enttäuschung der Antragsteller über die erhebliche Beeinträchtigung ihrer Aussicht insbesondere von der Terrasse nachvollziehbar. Eine Beschränkung der freien Aussicht sei jedoch nicht von allgemeinem städtebaulichen Belang.