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Wohnungseigentümergemeinschaft

Hausgeldansprüche können im Urkundenprozess geltend gemacht werden

Die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) hat Rückstände auf Wirtschaftspläne gegen einen Wohnungseigentümer im Urkundenprozess geltend gemacht. Nachdem der Wohnungseigentümer während des Rechtsstreits gezahlt hat und der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, muss über die Kosten des Rechtsstreits entschieden werden.

Der beklagte Wohnungseigentümer muss die Kosten des Rechtsstreits tragen (§ 91a Abs. 1 Satz 1). Insbesondere ist die Klage im Urkundenprozess statthaft.

Das ist umstritten.

Nach einer Ansicht lasse sich die Hausgeldforderung nicht durch Urkunden beweisen. Denn das Protokoll über die Eigentümerversammlung mit der Beschlussfassung über Wirtschaftsplan bzw. Jahresabrechnung beweise die Beschlussfassung und damit die Forderung nicht.

Die wohl herrschende Meinung hält den Urkundenprozess zur Geltendmachung von Wohngeldansprüchen allerdings für statthaft. Dem folgt die vorliegende Entscheidung. Denn der Urkundenprozess ist schon dann statthaft, wenn Urkunden vorgelegt werden, aus denen Indizien entnommen werden können, durch die der Richter auf die zu beweisende Haupttatsache schließen kann (BGH, Urteil vom 12.07.1985 - V ZR 15/84, IMRRS 1985, 0001). Diese Voraussetzung erfüllt die Versammlungsniederschrift, die eine Indizwirkung dafür hat, dass die Beschlüsse so wie protokolliert auch gefasst worden sind (BGH, Urteil vom 15.01.2010 - V ZR 72/09, IMRRS 2010, 0247 = NZM 2010, 285). Diese Voraussetzung erfüllt auch ein Auszug aus der Beschluss-Sammlung. Hier hatte die WEG Protokolle über die Beschlussfassungen der Wirtschaftspläne und der Ermächtigung des Verwalters zur Geltendmachung von Wohngeldansprüchen (§ 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 WEG) vorgelegt.

Praxistipp

Die WEG kann rückständige Beiträge gegen säumige Wohnungseigentümer im Urkundenprozess geltend machen, sie muss es nicht.

Hier existiert ein Für- und Wider hinsichtlich der Vorteile oder Nachteile des Urkundenprozesses:

Vorteile: Wie beim Mahnverfahren entfällt beim Urkundenprozess ein vorgerichtliches Güteverfahren (§ 15a Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und 5 EGZPO). Der Titel im Urkundenprozess bietet die Vollstreckungsmöglichkeit ohne Sicherheitsleistung, wenn der Schuldner keine Sicherheit leistet (§ 708 Nr. 4, § 711 ZPO). Eine Widerklage ist ausgeschlossen (§ 595 Abs. 1 ZPO).

Nachteile: Schon mit dem Bestreiten der Verwaltereigenschaft ist der Erfolg im Urkundenprozess problematisch, wenn die Verwaltereigenschaft nicht in der Form des § 26 Abs. 3 WEG, also durch eine Versammlungsniederschrift über den Bestellungsbeschluss mit beglaubigten Unterschriften der Unterzeichner, nachgewiesen werden. Das gilt auch ebenso für die Ermächtigung des Verwalters zur Geltendmachung von Wohngeldansprüchen (§ 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 WEG). Kommt es zum Nachverfahren und dort zu einem weiteren Gerichtstermin, fällt eine weitere Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV RVG an. 

Weil die Wohngeldklage in der Praxis allerdings regelmäßig glatt durchgeht, bietet der Urkundenprozess bei der Geltendmachung von Wohngeldansprüchen kaum einmal einen Vorteil.
Henry Naporra RechtstippHenry Naporra
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht bei Haus & Grund Frankfurt