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Gewerberaummietrecht

BGH zur Wirksamkeit von Kündigungsverzichtsklauseln über 60 Monate

Eine Klausel in einem allgemeinen Mietvertrag, mit welchem die ordentliche Kündigung für beide Vertragsparteien für die Dauer von 60 Monaten ausgeschlossen wird, ist wirksam. Das hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 23. Oktober 2019, XII ZR 125/18, entschieden.
 
In dem zu entscheidenden Fall klagte ein Vermieter gegen eine Gemeinde auf Zahlung ausstehender Miete sowie Zinsen. Die Gemeinde hatte zur Unterbringung von Flüchtlingen ein Wohnhaus gemietet. Hierzu hatten die Parteien einen Vertrag geschlossen, der mit „Mietvertrag über Wohnräume“ betitelt war. In dem Vertrag befand sich eine Klausel, mit welcher die ordentliche Kündigung für beide Seiten für die Dauer von 60 Monaten ausgeschlossen wurde. Aufgrund rückläufiger Flüchtlingszahlen wurde das Wohnhaus nie von Flüchtlingen bewohnt. Die Gemeinde kündigte daraufhin den Vertrag vorzeitig.
 
Der Bundesgerichtshof gab dem Vermieter recht. Der Mietvertrag sei nicht durch die ordentliche Kündigung der Gemeinde beendet worden. Zwar habe der Bundesgerichtshof für das Wohnraummietrecht bereits entschieden, dass ein Ausschluss der ordentlichen Kündigung von mehr als vier Jahren dem Mieter nicht zumutbar sei. Eine solche Formularklausel sei daher in einem Wohnraummietvertrag unwirksam. Diese Rechtsprechung könne aber nicht auf allgemeine Mietverträge übertragen werden. Zwar sei der Vertrag mit „Mietvertrag über Wohnräume“ überschrieben gewesen. Dies ändere aber nichts daran, dass es sich bei dem Vertrag um einen allgemeinen Mietvertrag handele. Denn die Gemeinde habe die Wohnräume nicht zum Zweck angemietet, eigene Wohnbedürfnisse zu befriedigen, wobei ihr dies als juristische Person ohnehin nicht möglich sei. Der Mieter in einem allgemeinen Mietverhältnis werde durch einen über vier Jahre hinausgehenden Kündigungsausschluss nicht unangemessen benachteiligt. Es bestehe weder ein Mobilitätsinteresse des Mieters noch könne die gesetzliche Wertung des Kündigungsausschlusses von mehr als vier Jahren im Staffelmietverhältnis auf das allgemeine Mietverhältnis übertragen werden.

Tipp

In einem Formularmietvertrag kann die ordentliche Kündigung im Wohnraummietverhältnis längstens für die Dauer von vier Jahren ausgeschlossen werden. In einem Individualvertrag dagegen ist ein Kündigungsausschluss von mehr als vier Jahren zulässig. Ob es sich bei einer Klausel eines Formularmietvertrages, in welchem der Zeitraum individuell handschriftlich eingetragen wird, um eine Individualvereinbarung handelt, ist bisher nicht geklärt. Der Bundesgerichtshof hat diese Frage offengelassen.