Haus & Grund Frankfurt
am Main e. V.
Grüneburgweg 64
60322 Frankfurt am Main

Tel.: 069 - 95 92 91 - 0
Menü
Topthemen

Bauaufsichtliches Einschreiten bei Vermietung einer ungenehmigten Kellerwohnung

In der Beratungspraxis ist es tatsächlich kein seltener Fall, dass Kellerräume oder Räumlichkeiten im Dach des Mietshauses seit Jahren baurechtswidrig als Wohnraum genutzt und vermietet werden. Hierbei wird oft außer Acht gelassen, dass die Wohnraumnutzung genehmigungsbedürftig und die bisherige ungenehmigte Wohnraumnutzung formal illegal ist und damit das Einschreiten der der Bauaufsicht nach sich ziehen kann.

Ebenfalls kommt es vor, dass Erwerber von Wohnräumen im guten Glauben von dem Veräußerer Wohnraum gekauft haben, und dass sich bei den vermeintlich als drei Zimmer-Wohnung auf zwei Etagen verkauften Wohnräume tatsächlich um eine 2-Zimmer-Wohnung handelt, da das Dachgeschoss ungenehmigt zum Wohnraum ausgebaut wurde. Auch hier besteht die Gefahr des Einschreitens der Behörde mit einer Nutzungsuntersagung des nicht genehmigten Wohnraumes, welche sich trotz Unkenntnis des Erwerbers gegen diesen richten könnte. Im Innenverhältnis zu dem Veräußerer bestehen allerdings Schadensersatzansprüche oder sogar die Möglichkeit den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten – sofern der Veräußerer von dem baurechtswidrigen Zustand wusste.

Der Problematik des ungenehmigten Wohnraumes lässt sich auch nicht mittels eines von Betroffenen genannten „Bestandsschutzes“ wegen langjähriger Nutzung heilen, da ein bauordnungsrechtlicher negativer Zustand nicht durch jahrelange Nutzung baurechtskonform werden kann.
In einem solchen Fall besteht nur die Möglichkeit, die zukünftige Nutzung als Wohnraum zu unterlassen oder den Versuch zu unternehmen, den Keller- oder Dachbodenraum nachträglich nachgenehmigen zu lassen. Im ersten Fall kann ein Unterlassen der Wohnraumnutzung sich rechtlich schwierig gestalten, wenn der Mieter des baurechtswidrig vermieteten Raumes im guten Glauben auf die Rechtmäßigkeit seines Mietverhältnisses vertraute und nunmehr die Räume beschränkt oder gar nicht mehr nutzen kann. Hier stünden dem Mieter Schadensersatzansprüche gegen den Vermieter zu, da dieser den Vertrag nicht mehr oder nur noch teilweise erfüllen kann. Bei der Nachgenehmigung eines Kellerraumes stellt sich oft die berechtigte Frage, ob aufgrund der Deckenhöhe der betroffene Raum überhaupt als Wohnraum genehmigt werden kann. Zudem spielen eventuell brandschutzrechtliche Auflagen eine Rolle.

Das Verwaltungsgericht Aachen entschied in einem Beschluss vom 16.6.2020 – Az. 3 L 1162/19 – zu der Frage der ordnungsgemäßen Ermessensausübung beim Erlass einer Bauordnungsverfügung, mit der dem Vermieter die Nutzung einer ungenehmigten Kellerwohnung mit sofortiger Vollziehung untersagt wurde. Hierbei entschied das Gericht, dass eine Inanspruchnahme des Vermieters bzw. Eigentümers von der Rechtsprechung als ermessensgerecht anerkannt ist, wenn der Gefahr begegnet werden soll, dass nach dem (erzwungenen) Auszug des Mieters die illegale Nutzung vom Eigentümer dergestalt fortgesetzt wird, indem dieser die bauliche Anlage einem Dritten überlässt oder selbst nutzt.

Zudem entschied das Gericht zu der Verschuldensfrage, dass für eine Bestimmung des Maßes der persönlichen Schuld an einem festgestellten Rechtsverstoß im Gefahrenabwehrrecht kein Raum ist. Subjektive Handlungselemente, wie Vorsatz oder Fahrlässigkeit, dürfen daher keine Rolle spielen, wenn die Bauaufsichtsbehörde zur Beseitigung des baurechtswidrigen Zustands bestimmte Personen als Störer heranziehen will.

Der Hintergrund der vorliegenden Entscheidung war die Vermietung einer ungenehmigten Kellerwohnung und eine bauaufsichtliche Nutzungsuntersagung.
Grundsätzlich kann die Bauaufsichtsbehörde die Nutzung von Anlagen untersagen, wenn diese im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden.

Die ausgeübte Wohnnutzung war formell illegal; sie ist genehmigungsbedürftig, aber nicht genehmigt. Eine Nutzungsänderung im Sinne der Vorschrift liegt schon dann vor, wenn die bloße Möglichkeit besteht, dass die Zulässigkeit des geänderten Vorhabens nach den bauordnungs- oder bauplanungsrechtlichen Vorschriften anders beurteilt werden kann als die bislang genehmigte Nutzung. Für Kellerräume gelten selbstverständlich andere baurechtliche Anforderungen als für Wohnräume.

Die Behörde hatte im vorliegenden Rechtsstreit in begründeter Weise neben dem Mieter als Handlungsstörer zusätzlich den Vermieter als Wohnungseigentümer und Zustandsstörer auf Nutzungsuntersagung in Anspruch genommen.

Praxistipp

Bei der Vermietung oder beim Eigentumserwerb sollte bei der Wohnraumnutzung – insbesondere bei Dachgeschoss- oder Kellerwohnungen – ein Augenmerk auf die Frage gelegt werden, ob diese tatsächlich als Wohnraum genehmigt sind, oder ob diese einfach seit Jahren als Wohnraum ordnungswidrig genutzt worden sind. Sollte eine formal rechtswidrige Nutzung vorliegen, sollte die Überlegung erfolgen, ob diese Räume noch nachgenehmigt werden können. Andernfalls drohen die obigen behördlichen Konsequenzen in Form einer Nutzungsuntersagung.
Henry Naporra RechtstippHenry Naporra
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht bei Haus & Grund Frankfurt