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Härtefalleinwand und Räumungsverlängerungsantrag des Mieters nach Kündigung

In der mietrechtlichen Praxis kommt es im Rahmen von ordentlichen Kündigungen des Vermieters – beispielsweise wegen eines begründeten Eigenbedarfs – zu dem Einwand der Mietpartei, dass innerhalb der Räumungsfrist kein Ersatzwohnraum gefunden werden konnte und aus diesem Grund ein Härtegrund bestehe.

Tatsächlich handelt es sich um übliche Einwendungen der Mietervertreter im Rahmen eines gerichtlichen Räumungsprozesses.

Grundsätzlich besagt § 574 Abs. 2 BGB, dass der Mieter nach einer gerechtfertigten Kündigung eine weitere Fortsetzung des Mietverhältnisses für einen ausreichenden Zeitraum verlangen kann, wenn es ihm nicht gelingt, zumutbaren Ersatzwohnraum zu besorgen. Der Mieter muss sich weder auf eine Obdachlosenunterkunft verweisen lassen, noch im Hotel oder einer Pension Quartier nehmen.

Angemessen ist die Ersatzwohnung dann, wenn die Größe der Wohnung eine Unterbringung der Personen in menschenwürdigen Verhältnissen erlaubt. In erster Linie wird auf die bisherige Wohnungsgröße der bisherigen Wohnung abzustellen sein. Anerkannt ist aber, dass der Mieter, der sich auf fehlenden Ersatzraum beruft, auch eine gewisse Verschlechterung der künftigen Wohnverhältnisse in Kauf nehmen muss – zumindest, soweit sein sozialer Status hiervon nicht betroffen wird. Das gilt auch im Hinblick auf die für die Ersatzwohnung zu zahlenden Miete.

Der Mieter ist verpflichtet, sich um eine Ersatzwohnung zu bemühen. Er genügt dieser Obliegenheit nur, wenn er alle ihm persönlich und wirtschaftlich zumutbaren, also auch mit finanziellem Aufwand verbundenen Schritte unternimmt, um eine Ersatzwohnung zu beschaffen. Hierzu ist es notfalls erforderlich, mehrere Zeitungsinserate aufzugeben und einen Makler einzuschalten. Insofern ist der Mieter darlegungs- und beweispflichtig.

Gerade an dieser Darlegungslast mangelt es im Rahmen von Räumungsprozessen an dem Vortrag der Mietervertreter, da zumeist pauschal auf den angespannten Wohnungsmarkt in Ballungsräumen verwiesen wird, ohne jedoch hinreichend darzulegen, welche Anstrengungen der Mieter tatsächlich zum Finden eines angemessenen Ersatzwohnraums unternommen hat. Das Landgericht Berlin hat in einem Beschluss vom 23. Juni 2020 – Az.: 67 T 57/20 – nunmehr zu der Gewährung einer möglichen Räumungsfrist wegen nicht gefundenen Ersatzwohnraums klarstellend wie folgt ausgeführt:

Macht der Mieter zur Begründung seines Antrags auf Verlängerung der Räumungsfrist nach § 721 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 ZPO geltend, die ursprünglich gewährte Räumungsfrist habe zur Beschaffung von Ersatzwohnraum nicht ausgereicht, hat das Gericht - erforderlichenfalls im Wege einer Beweiserhebung - tatsächliche Feststellungen dazu zu treffen, ob die vom Mieter bislang entfalteten Bemühungen zur erfolgreichen Beschaffung von Ersatzwohnraum hinreichend intensiv gewesen sind. Eine Versagung des Verlängerungsantrags wegen nicht hinreichender Bemühungen des Mieters ist nur dann gerechtfertigt, wenn das Gericht tatsächlich feststellt, dass dem Mieter bei hinreichend intensiver Suche die Anmietung von Ersatzwohnraum bis zum Ablauf der ursprünglich gewährten Räumungsfrist gelungen wäre.

Die Entscheidung des Landgerichts Berlin teilt nunmehr die eigentlich bestehenden Beweislast des Mieters, seine erfolglosen Bemühungen im Streitfall substantiiert darzulegen, mit dem jeweils erkennenden Gericht, welches nach der Ansicht des Landgerichts Berlin nunmehr selbst Feststellungen anstreben soll, dass die Bemühungen des Mieters tatsächlich ausreichend und letztendlich erfolglos waren.

Praxistipp

Die Entscheidung des Landgerichts Berlin ändert an der Substantiierungspflicht des Mieters im Rahmen eines Räumungsfristverlängerungsantrages tatsächlich wenig, da die Beweisaufnahme zur Frage, ob sich der Mieter um hinreichenden Ersatzwohnraum tatsächlich bemüht hat, wiederum von Zeugen oder Nachweisen abhängig ist, die nicht vorliegen werden, sofern der Mieter einen fehlenden Ersatzwohnraum lediglich pauschal behauptet hat.
Henry Naporra RechtstippHenry Naporra
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht bei Haus & Grund Frankfurt