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Baubeschreibungen

Oft wird von Idealbedingungen ausgegangen

Viele Baufirmen setzen bei ihren Angeboten Idealbedingungen voraus, die nicht den Gegebenheiten vor Ort entsprechen – mit der Folge, dass die Bauvorhaben deutlich mehr kosten als geplant.
 
Seit der Einführung des neuen Bauvertragsrechts Anfang 2018 haben private Bauherren, die ein schlüsselfertiges Haus auf ihrem eigenen Grundstück ohne eigenen planenden Architekten bauen, das Recht auf eine detaillierte Baubeschreibung. Oft passen diese aber nicht zum Grundstück der Bauherren. Das beobachtet Marc Ellinger, Sachverständiger und Leiter des Freiburger Büros im Verband Privater Bauherren (VPB).
 
So gehen Baufirmen in den Baubeschreibungen beispielsweise von einem ebenen, gut anfahrbaren Grundstück aus, einer Schneelastzone 1, mit wenig Schnee, einer Windzone 1, mit geringen Windstärken, und einer Erdbebenzone 0 ohne seismische Erschütterungen. Auch bei der Bodenfeuchte werden ideale Bedingungen angenommen, die keine besondere Abdichtung gegen Feuchtigkeit erforderlich machen.

Realität sieht anders aus
In Deutschland variieren die Zonen allerdings zum Teil erheblich. Tatsächlich gelten fast nirgends in allen Bereichen die niedrigsten Einstufungen. Mal ist die Erbebengefahr höher, mal weht der Wind stärker, mal fällt mehr Schnee.
Beispiel Rügen: Schneelastzone 3, Windzone 3 bis 4, keine Erdbebengefahr
Beispiel Aachen: Schneelastzone 1, Windzone 2, Erdbebenzone 3
Beispiel Berlin: Schneelastzone 2, Windzone 2, keine Erdbebengefahr
 
Damit sind die mit den Idealwerten angebotenen Häuser so gut wie nirgendwo realisierbar. Lediglich im Bereich zwischen Bamberg und Erlangen läge die Schneelast- und Windzone bei 1 und die Erdbebengefahr bei 0. Hier träfen die Angebote zu, so der Experte. Andernorts müssen Häuser technisch aufwendiger konstruiert und ausgeführt werden“, erläutert Marc Ellinger. „So kommen dann in schöner Salamitaktik scheibchenweise Mehrkosten auf die Bauherren zu.“

Abdichtung kann teuer werden
Kostspielig wird auch die in der Baubeschreibung falsch angesetzte Bodenfeuchte. „Allein der Unterschied zwischen einem normalen Keller mit einfacher Abdichtung, wie er standardmäßig angeboten wird, und einem wasserdichten Keller, wie er am Hang oder bei entsprechendem Baugrund nötig ist, schlägt mit 8.000 bis 12.000 Euro Extrakosten zu Buche“, erklärt Marc Ellinger.
 
Eigentlich sollten die im Bauvertragsrecht vorgesehenen Baubeschreibungen nicht nur einen verlässlichen Vergleich mehrerer Angebote in Bezug auf Preis und Leistung ermöglichen, sondern auch die für den Bauunternehmer erkennbaren Kostensteigerungsrisiken bei den angebotenen Leistungen erwähnen. Dass für ihr Haus andere Vorgaben relevant wären, erfahren Bauherren im schlimmsten Fall erst nach der Vertragsunterzeichnung: Wenn für den Bauantrag die Statik erstellt wird, müssen die für den Bauort geltenden Anforderungen angesetzt werden. Dann zeigt sich, was die vor Ort erforderliche Bauweise zusätzlich kostet.
 
Tipp
Lassen Sie die Baubeschreibung von einem unabhängigen Sachverständigen prüfen. Die technisch höheren Anforderungen müssen zwar in jedem Fall erfüllt werden, aber Sie wissen dann bereits im Vorfeld, warum und welche Mehrkosten auf Sie zukommen.