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Eigentümerversammlungen im Hintergrund von Covid-19

Sind Versammlungen mit Beschränkungen auf eine gewisse Teilnehmerzahl möglich?

Aufgrund der derzeit bestehenden bundesweiten Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen sind "klassische" Wohnungseigentümerversammlungen zunächst für einen unbestimmten Zeitraum tabu. Um die Handlungsfähigkeit innerhalb der Eigentümergemeinschaften zu erhalten, ist der Gesetzgeber bereits aktiv geworden und hat im Wege eines "Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht" dafür Sorge getragen, dass der Verwalter die ihm per Gesetz auferlegten Notkompetenzen unabhängig von der formalen Frage eines gegebenenfalls zwischenzeitlich auslaufenden Bestellungszeitraums erbringen kann.

Verwaltungsentscheidungen könnten derzeit von den Wohnungseigentümern also allenfalls durch Umlaufbeschluss im schriftlichen Verfahren des § 23 Abs. 3 WEG getroffen werden oder im Wege der "Ein-Mann-Versammlung", in der dem Verwalter seitens der Wohnungseigentümer Stimmrechtsvollmachten übertragen werden. Im Rahmen einer "klassischen" Wohnungseigentümerversammlung in Präsenzform können Verwaltungsentscheidungen derzeit jedenfalls nicht getroffen werden.

Notkompetenzen für den Verwalter
Allerdings verleiht das Wohnungseigentumsrecht dem Verwalter auch ohne entsprechende Willensbildung Notkompetenzen im Rahmen der Erhaltung und Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Bekanntermaßen ist der Verwalter nach § 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, in dringenden Fällen sonstige Maßnahmen der Erhaltung des Gemeinschaftseigentums zu ergreifen. Dringend sind dabei stets all diejenigen Fälle, in denen der Verwalter eine Entscheidung der Wohnungseigentümerversammlung nicht herbeiführen kann – derzeit kann der Verwalter eine Entscheidung der Wohnungseigentümerversammlung nicht herbeiführen. Eilbedürftige Maßnahmen kann der Verwalter demnach unproblematisch ohne entsprechendes Votum der Eigentümerversammlung einleiten.

Klassische Notmaßnahmen im Sinne von § 21 Abs. 3 WEG sind solche Fälle, die wegen ihrer Eilbedürftigkeit eine vorherige Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung nicht zulassen. Entscheidend ist, ob die Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gefährdet wäre, wenn nicht umgehend gehandelt würde. Dringende Fälle entstehen in der Regel durch Zufall oder höhere Gewalt, etwa durch Brand, Explosion, Überschwemmung, Rohrbruch oder Ausfall der Heizungsanlage sowie auch beim Bruch oder der Verstopfung einer Versorgungs- oder Abwasserleitung. Auch die Beseitigung eines Lecks in einer Gasleitung stellt selbstverständlich eine Notmaßnahme dar.

Der Verwalter darf daher all das unternehmen, was erforderlich ist, um (weitere) Schäden vom Gemeinschaftseigentum abzuwenden.

In einer neuerlichen Entscheidung des Amtsgerichts Kassel vom 27.09.2020 – Az. 800 C 2563/20 – urteilte das Gericht zu der Frage, ob der Verwalter die Eigentümerversammlung nur für eine bestimmte Anzahl von Personen beschränken und die nicht anwesenden Eigentümer eine Bevollmächtigung vorschreiben kann.

Das erkennende Gericht entschied, dass die Covid-19 Pandemie keine Beschränkung der Personenzahl auf einen Wert unterhalb der teilnahmeberechtigten Eigentümer rechtfertigt und eine solche Beschränkung bei der Durchführung der Versammlung zu einer Nichtigkeit der getroffenen Beschlüsse wegen eines Eingriffs in den Kernbereich des Wohnungseigentums rechtfertigt.

Praxistipp

Das Teilnahmerecht und das Stimmrecht eines Wohnungseigentümers darf allenfalls ausnahmsweise eingeschränkt werden, da das Recht zur persönlichen Teilnahme an einer Eigentümerversammlung zu dem Kernbereich des Wohnungseigentums zählt.
Henry Naporra RechtstippHenry Naporra
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht bei Haus & Grund Frankfurt