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Gewerberaummiete bleibt auch während coronabedingter Schließung geschuldet

In der mietrechtlichen Praxis ist es inzwischen eine häufige Praxis von Gewerberaummietern gegenüber den Vermietern die Schließung der Verkaufsstätte im Hintergrund der Covid-19-Pandemie als Argument zu nutzen, um eine Nichtzahlung der vertraglich vereinbarten Mieten als Mietmangel oder Unmöglichkeit zu rechtfertigen. Das Landgericht Frankfurt am Main entschied in einem Urteil vom 02. Oktober 2020 – Az.: 2-15 O 23/20 – zu dem vorgenannten Sachverhalt eindeutig, dass die staatlich verordnete Schließung der Verkaufsstätte wegen COVID-19 weder ein Mietmangel noch Teil der Unmöglichkeit ist. Solange der Mieter das Risiko trägt, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können, führen befristete Schließungen nicht zum Wegfall der Geschäftsgrundlage. Ein anderes Ergebnis kommt nur bei extremen Ausnahmefällen in Betracht, in denen eine unvorhergesehene Entwicklung mit unter Umständen existentiell bedeutsamen Folgen für eine Partei eintritt.

Der international tätige Gewerberaummieter hatte zur Nutzung als Einzelhandelsgeschäft Gewerberäume angemietet und mit einem Rundschreiben wegen COVID-19 die Nichtzahlung der Miete ab April 2020 angekündigt. Der Vermieter widersprach mit rechtlichen Ausführungen zu Fragen der Minderung, Unmöglichkeit und des Wegfalls der Geschäftsgrundlage und mahnt ein zweites Mal unter Vorlage eines Klageentwurfs. Nach dem die Aprilmiete rückständig blieb, klagte der Vermieter im Urkundenprozess.

Eine Minderung i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 2 BGB kommt nicht in Betracht. Durch hoheitliche Maßnahmen bewirkte Gebrauchsbeschränkungen berühren nur den geschäftlichen Erfolg des Mieters. Solange der Vermieter dem Mieter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermöglicht, trägt der Mieter das Verwendungsrisiko allein, mit dem Mietobjekt Gewinne erwirtschaften zu können. Hoheitliche Maßnahmen knüpfen nicht unmittelbar an die konkrete Beschaffenheit der Mietsache, sondern beschränken allein den Publikumsverkehr, um Infektionen zu vermeiden, ein Sachmangel ist daher zu verneinen. Eine Unmöglichkeit nach § 326 Abs. 1 Satz 1, § 275 Abs. 1 BGB entfällt ebenfalls, solange der Mieter das Verwendungsrisiko trägt.  Eine Anpassung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) verneinte das Landgericht Frankfurt am Main mit der zutreffenden Erwägung, dass durch zeitlich befristete Schließungen eine existenziell unzumutbare Situation nicht begründet wurde. Da der Mieter das Risiko trägt, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können, schließt dies regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung dieses Risikos auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen. Solange der Mieter die Möglichkeit hat, durch Kurzarbeit und staatliche Hilfen Einsparungen zu erzielen, wobei auch ein möglicher Onlinehandel zu berücksichtigen wäre, hat die erzwungene Schließung keine existenziell bedeutsamen Folgen für den Mieter. Hinzu kommt, dass der Schließungszeitraum nur etwa einen Monat betrug und die Geschäftstätigkeit danach ohne wesentliche Einschränkungen wiederaufgenommen werden konnte. Dann ist es dem Mieter aber auch zumutbar, die rückständige Miete zu begleichen.

Praxistipp

Das Urteil zeigt auf, dass die gesetzgeberischen Maßnahmen um Art. 240 § 2 EGBGB mit der Möglichkeit von Kurzarbeit sowie Inanspruchnahme staatlicher Hilfen eine abschließende Regelung darstellen und damit eine – bis auf wenige Ausnahmen begrenzte – Sperrwirkung gegenüber einer Anpassung nach § 313 BGB entfalten. Wäre durch staatlich verordnete COVID-19-Schließungen die Geschäftsgrundlage weggefallen, hätte es eines Kündigungsausschlusses auch nicht mehr bedurft. Art. 240 EGBGB hat die Stundung nur für andere Dauerschuldverhältnisse (§§ 1 und 3), nicht aber für die Miete (§ 2) geregelt, was dafür spricht, dass – trotz der Pandemie – beide Parteien zur Erbringung ihrer Hauptleistungen verpflichtet bleiben.
Henry Naporra Rechtstipp
Henry Naporra
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht bei Haus & Grund Frankfurt