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Coronapandemie

Ist eine Vertragsanpassung im Gewerbemietrecht aufgrund von Covid-19 problemlos möglich?

Während der Wohnungsmarkt von der Corona Pandemie bisher kaum berührt ist, stellt sich die Situation bei gewerblichen Immobilien vollkommen anders dar. Je schlechter die Konjunktur in einer bestimmten Branche verläuft, desto geringer fällt die Nachfrage nach Immobilien für diesen Wirtschaftszweig aus. Konsequenzen sind Kündigungen oder Nichtverlängerungen bestehender Mietverträge. Entsprechend hat die Covid-19 Pandemie Auswirkungen auf bestehende gewerbliche Mitverhältnisse, die noch vor dem Ausbruch der Pandemie abgeschlossen worden sind. Mieter und Vermieter stehen vor bisher nicht gekannten Herausforderungen.

Durch den Mietvertrag wird der Vermieter gem. § 535 I 1 BGB verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Mieter ist gem. § 535 II BGB verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten, obwohl aufgrund der Covid-19 Beschränkungen unter anderem die Gewerbefläche nicht mehr gebrauchsmäßig genutzt werden kann. Haben sich dagegen Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt abgeschlossen, wenn sie die Veränderung vorausgesehen hätten, kann gem. § 313 I BGB eine Anpassung des Vertrags verlangt werden, sofern einer Vertragspartei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Für Mietverträge kann dies während der staatlich angeordneten Beschränkungen insbesondere zu einer Anpassung der Miethöhe führen. Bisher war § 313 BGB, unter Berücksichtigung der Vertragstreue und als Ausnahmetatbestand vom Grundsatz der Privatautonomie, grundsätzlich nachrangig und wenn überhaupt besonders eng auszulegen.

Mit der Einführung von Art. 240 § 7 EGBGB (Inkrafttreten zum 31.12.2020) hat der Gesetzgeber eine Vermutungsregelung zu § 313 BGB geschaffen. Diese stellt, zugunsten des Mieters, eine widerlegbare Vermutung dar, dass eine staatliche Maßnahme infolge der Bekämpfung der Covid-19-Pandemie zu einer schwerwiegenden Veränderung der vertraglichen Grundlage zwischen den Mietparteien führt. Dies gilt jedoch nur, sofern der Mietgegenstand aufgrund der staatlichen Maßnahme für den Betrieb des Mieters nicht mehr oder nur noch mit erheblichen Einschränkungen nutzbar ist. An einer erheblichen Einschränkung fehlt es laut Gesetzgeber dann, wenn bei einem Betrieb mit Publikumsverkehr die Kundschaft lediglich wegen abfallender Konsumbereitschaft ausbleibt. Maßgebliche Faktoren bleiben die konkrete wirtschaftliche Situation, Umfang der erlittenen Umsatzeinbußen des Mieters, sowie die Höhe der erhaltenen staatlichen Hilfen. Betroffene Vermieter sollten nun – basierend auf dem oben gesagten – folgende Unterlagen vom Mieter erfragen, damit überhaupt geprüft werden kann, inwieweit ein Anspruch auf Anpassung des Vertrages besteht:

  1. Berechnung der pandemiebedingten Umsatzrückgänge im Vergleich zu den Vorjahren. Um einmalige Spitzenwerten im Vorjahr 2019 angemessen zu berücksichtigen, bietet sich hier an, die Vorjahreswerte der vergangenen drei Jahre heranzuziehen.
  2. Aussagefähige Belege zu den Geschäftszahlen sowie etwaigen Hilfen; z.B. EBITDA vor Miete, BWAs, Versicherungsleistungen, Kurzarbeitergeld, Überbrückungshilfen etc.
  3. Darlegung des Mieters, welche Maßnahmen ergriffen wurden, um die Umsatzrückgänge zu beschränken und welcher konkrete Umstand zu dem Umsatzrückgang geführt haben soll

Grundsätzlich gilt, dass Vermieter mit ihren Mietern ins Gespräch kommen sollten, um eine faire Lösung für beide Seiten zu finden. Daran haben sowohl Mieter als auch Vermieter ein Interesse.
Özlem Erhalac RechtstippÖzlem Erhalac
Rechtsanwältin bei Haus & Grund Frankfurt