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Rückbau in der Wohnungseigentümergemeinschaft

In Eigentümergemeinschaften ist es keine Seltenheit, dass ein Eigentümer eine unzulässige bauliche Veränderung vornimmt und damit das Gemeinschaftseigentum rechtswidrig verändert.

Unter einer baulichen Veränderung im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes versteht man eine vom Aufteilungsplan oder vom ursprünglich vorhandenen Zustand des Gebäudes abweichende dauerhafte Umgestaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, welche über die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung hinausgeht. Grundsätzlich kann die Gemeinschaft den Rückbau der unerlaubten baulichen Veränderung verlangen oder alternativ von einem Rückbau der baulichen Veränderung des Gemeinschaftseigentums absehen.

Den Verzicht auf den Rückbau der unerlaubten baulichen Veränderung ist im Sinne der Grundsätze einer ordnungsgemäßen Verwaltung allerdings in einer Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main vom 14. Januar 2021 – Az.: 2/13 S 26/20 - im Hintergrund einer Anfechtung eines Negativbeschlusses von weiteren Bedingungen abhängig gemacht worden.

In der vorgenannten Entscheidung wurde geurteilt, dass, wenn die Eigentümer von einem Rückbau einer von einem Eigentümer vorgenommenen unzulässigen baulichen Veränderung des Gemeinschaftseigentums absehen wollen, dies zwar von ihrem Ermessensspielraum erfasst sein kann. Erforderlich ist dann aber, dass die Wohnungseigentümer ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechende konkrete Alternativen zum Rückbau in eine Abwägungsentscheidung einbeziehen und dahingehende Maßnahmen in die Wege leiten.

Ein Verstoß gegen das Recht auf ordnungsmäßige Verwaltung liegt auch bei Ermessensnichtgebrauch vor. Der Rückbau einer unzulässigen baulichen Veränderung entspricht im Regelfall ordnungsmäßiger Verwaltung, da er der Wiederherstellung des ordnungsmäßigen Zustandes entspricht. Allerdings gilt dies nicht unbedingt; es kann je nach den Umständen des Einzelfalls (auch) ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, hiervon abzusehen. Insoweit haben die Wohnungseigentümer einen Ermessensspielraum. Im Einzelfall kann es auch ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, von einem Rückbau abzusehen, wobei dies unter Geltung des reformierten Wohnungseigentumsgesetzes wohl voraussetzt, dass die bauliche Veränderung genehmigt wird, womit sodann auch Klarheit über Nutzungen und Kosten herrscht. Eine Entscheidung gegen den grundsätzlich vorgesehenen Rückbau setzt allerdings voraus, dass die Wohnungseigentümer ihr Ermessen auch ausüben, sich also ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechende Alternativen zum Rückbau bewusst machen und diese in eine Abwägungsentscheidung miteinbeziehen. Dies war im vorliegenden Fall nicht geschehen. Dabei ist nicht ausreichend, dass theoretisch denkbare Nutzungsalternativen bestehen. Erforderlich wäre zumindest, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt die Wohnungseigentümer diese Nutzungen abgewogen haben und alternativ zum Abriss entsprechende Nutzungen ermöglichen oder zumindest in die Wege leiten. Dies ist hier nicht geschehen. Vielmehr haben die Wohnungseigentümer ohne Abwägung entschieden, den bestehenden der Rechtslage widersprechenden Zustand beizubehalten.

Im Ergebnis entsprach die Ablehnung des streitgegenständlichen Rückbaubeschlusses nicht ordnungsmäßiger Verwaltung.

Praxistipp

Der Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung verjährt nicht im Gegenzug zu dem Anspruch der WEG gegen einen Eigentümer auf Rückbau einer ungenehmigten baulichen Veränderung, der nach drei Jahren verjährt wäre.

Henry Naporra RechtstippHenry Naporra
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht bei Haus & Grund Frankfurt