Haus & Grund Frankfurt
am Main e. V.
Grüneburgweg 64
60322 Frankfurt am Main

Tel.: 069 - 95 92 91 - 0
Fax: 069 - 95 92 91 - 11

Menü
Topthemen

Messie-Mieter:

Voraussetzungen einer Kündigung wegen Vernachlässigung der Wohnräume

Das Amtsgericht Gießen hatte sich in einer Entscheidung vom 19. Januar 2021 – Az. 39 C 114/20 – mit der Frage auseinanderzusetzen, ob der Vermieter zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung des Wohnraummietverhältnisses eines Einfamilienhauses berechtigt war, da es sich aus seiner Sicht bei dem Mieter um einen sogenannten „Messie-Mieter“ handelte.

Im vorliegenden Fall betrieb der Mieter eines Einfamilienhauses bis vor etwa 30 Jahren einen Handel mit Altgegenständen und Trödel. Einige Gegenstände aus dieser Zeit sowie weitere Gegenstände bewahrte die Beklagte in Kartons oder auch lose aufgestellt im Dachgeschoss sowie in einem der beiden Kellerräume auf. Darüber hinaus befanden sich auf der Treppe im Haus sowie vor dem Eingangsbereich des Hauses weitere Gegenstände. Im vorliegenden Sachverhalt hatte die Kündigung des Mietverhältnisses keinen Erfolg und die nachfolgende Räumungsklage wurde abgewiesen. Das erkennende Gericht urteilte, dass die Ablagerung von Müll und Gerümpel erst dann eine fristlose Kündigung rechtfertigt, wenn entweder Mitmieter durch Gerüche belästigt werden oder die Bausubstanz konkret gefährdet ist. Beide vorgenannten Voraussetzungen waren nicht einschlägig.

Die entsprechende Entscheidung des Amtsgerichts Gießen verwundert nicht, da die Mietvertragskündigung wegen einer Verwahrlosung der Mietsache an gewisse Voraussetzungen geknüpft ist, wobei nochmals hervorgehoben werden muss, dass in der Praxis selbstverständlich zwischen einer - keine Kündigung rechtfertigenden - Unordnung des Mieters und eines „Messie-Verhaltens“, welches eine Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen kann, unterschieden werden muss.

Nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB hat der Vermieter ein Kündigungsrecht, wenn der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erhebliche gefährdet. Ein solcher Fall kann auch dann vorliegen, wenn durch die unzureichende Reinigung und Pflege der Wohnung eine Beschädigung der Mietsache zu befürchten ist.
Der Kündigungstatbestand der Störung des Hausfriedens gemäß § 569 Abs. 2 BGB ist neben § 543 BGB anwendbar; er beruht auf der Erwägung, dass die Nutzung von Wohn- oder Geschäftsräumen durch mehrere Mietparteien ein gewisses Maß an Rücksichtnahme voraussetzt. Jede Mietpartei muss sich bei der Nutzung der Mieträume so verhalten, dass die anderen Mieter nicht mehr beeinträchtigt werden, als dies nach den konkreten Umständen unvermeidlich ist. Deshalb kann auch eine vom Mieter verschuldete Störung der Nachbarn durch üble Gerüche als Störung des Hausfriedens bewertet werden.

Praxistipp:

Aufgrund diverser Gründe, die durchaus die Merkmale eines krankhaften Verhaltens aufweisen, kommt es vermehr zu Fällen, in denen sogenannte „Messie-Mieter“ die Wohnung vermüllen und diese Verwahrlosung des Wohnungszustandes zu einer Beeinträchtigung der anderen Mietparteien führt. Grundsätzlich ist hierbei die „unordentliche Wohnung“ von einer „vermüllten Wohnung“ klar zu unterscheiden, da es der Wahl des Mieters obliegt und diesem gestattet ist, in einer unordentlichen Wohnung zu hausen, ohne jedoch den Wohnbestand der Mietsache zu gefährden. Bei einer sogenannten „Messie-Wohnung“ wird eine Gefährdung des Wohnbestandes der Mietsache genauso eine Voraussetzung sein, wie die Beeinträchtigung der anderen Mietparteien. Der Vermieter hat bei dem Vorhandensein eines solchen Tatbestandes zunächst dem Mieter gegenüber eine qualifizierte Abmahnung auszusprechen und diesen unter Fristsetzung zur Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes der Mietsache aufzufordern. Erst wenn der Mieter die Aufforderung ignoriert oder den Zustand nicht innerhalb der Fristsetzung zurückversetzt, wird der Vermieter zum Ausspruch der fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt sein.
Henry Naporra RechtstippHenry Naporra
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht bei Haus & Grund Frankfurt