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Die Gewerbemiete in der Corona-Pandemie

Für die Monate April bis Juni hatte der Gesetzgeber bereits im Rahmen des ersten Lockdowns ein sogenanntes Kündigungsmoratorium angeordnet. Vermietern war die Kündigung wegen eines Zahlungsverzugs während dieses Zeitraums versperrt. Die Mietzahlungspflicht selbst und die Fälligkeit der Miete blieb durch das Moratorium aber bisher unangetastet.

Im Hintergrund des zweiten Lockdowns hat der Gesetzgeber durch Inkrafttreten des Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Pachtrecht zum 31.12.2020 den Art. 240 § 7 EGBGB neu eingefügt.

Der Gesetzgeber will den Einzelfall betrachten und ordnet eine gesetzlich vermutete Störung der Geschäftsgrundlage von Gewerbemietverhältnissen an. Mieter sollen vom Vermieter eine Anpassung der Miete an die Umstände der COVID-19-Pandemie wegen Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) verlangen können - wenn die wirtschaftlichen Folgen für Mieter unzumutbar sind.
Letztendlich ist es in einem Streitfall zwischen Vermieter und Mieter – sofern Verhandlungen über die Anpassung der Miete scheitern oder verweigert werden – eine Sache der Gerichte hierüber zu entscheiden.

Das Oberlandesgericht Dresden entscheid in einem Urteil vom 24.02.2021 – 5 U 1782/20 – beispielsweise, dass die durch die Corona-Pandemie verursachte, staatliche Schließungsanordnung für ein im Rahmen des Mietzweckes betriebenes Geschäft keinen zur Minderung der Miete führenden Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 BGB begründet. Es liegt aber eine Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrages im Sinne einer Störung der großen Geschäftsgrundlage vor. Diese führt, wenn sie über einen Monat andauert, regelmäßig zur Anpassung des Mietvertrages gemäß § 313 Abs. 1 BGB dahin, dass die vertraglich vereinbarte Kaltmiete für den Zeitraum der Schließungsanordnung auf die Hälfte reduziert wird. Es bleibt offen, ob und gegebenenfalls inwieweit staatliche Zahlungen an Vermieter oder Mieter aus Anlass der Corona-Pandemie zu einer (weiteren) Anpassung der Kaltmiete gemäß § 313 Abs. 1 BGB führen sowie ob und gegebenenfalls inwieweit Zahlungen auf Betriebskosten anzupassen sind.
Vorliegend handelte es sich um eine Einzelfallentscheidung, wobei bemerkenswert ist, dass auch eine vollständige Schließungsanordnung keine vollständige Mietreduktion begründet, wie es aktuell von vielen Gewerbetreibenden gegenüber Vermieterin versucht wird.

In einer Entscheidung des Oberlandesgerichtes Karlsruhe vom 24.02.2021 – 7 U 109/20 – urteilte das Gericht, dass die coronabedingte Schließungsanordnung eines Geschäfts weder einen Sachmangel der Mietsache noch eine Unmöglichkeit der Leistungserbringung des Vermieters begründet. Die Annahme der Unzumutbarkeit der Mietzahlung im Rahmen von § 313 BGB setzt eine Würdigung der Umstände des Einzelfalls voraus, bei der der Rückgang der Umsätze, mögliche Kompensation durch online-Handel, öffentliche Leistungen, ersparte Aufwendungen, zum Beispiel durch Kurzarbeit oder Vermögenswerte durch nicht verkaufte und noch verkaufbare Ware zu berücksichtigen sind. Entsprechende Entscheidung ist hilfreich, um abschätzen zu können, welche Kriterien zur Verhandlung der Mietparteien über eine Mietreduktion herbeigezogen werden können.

Praxistipp

Die Anwendbarkeit des § 313 BGB bedeutet nicht, dass ein Mieter einfach seine Miete kürzen darf. Der Mieter hat nur einen Anspruch auf Anpassung des Vertrags – und das auch nur dann, wenn ihm das Festhalten am ursprünglichen Vertrag unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls nicht zugemutet werden kann. 

Einigen sich Vermieter und Mieter im Wege außergerichtlicher Verhandlungen – was der Gesetzgeber befürwortet – auf Minderungen oder Stundungen zu bestehenden Mietverhältnissen, sollten diese schriftformgetreu festgehalten werden und umfassende Regelungen, beispielsweise zu Verzugszinsen und den betroffenen Zeiträumen, enthalten.
Henry Naporra RechtstippHenry Naporra
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht bei Haus & Grund Frankfurt