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Welche Verträge kann der Verwalter im Namen der Gemeinschaft abschließen?

Verträge, die eine untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen, kann der Verwalter namens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG schließen, ohne eine Beschlussfassung der Wohnungseigentümer herbeizuführen.

Als eine Maßnahme von nur untergeordneter Bedeutung, mit der keine erheblichen Verpflichtungen einhergehen, wird im Einzelfall der Abschluss eines Versorgungsvertrags der Wohnungseigentumsanlage (etwa mit Gas, Strom oder Wasser) im beschränkten Umfang anzusehen sein.

Das Landgericht Frankfurt am Main hatte sich in einem Urteil vom 25. Februar 2021 – Az.: 2-13 S 146/19 – mit einer Streitigkeit auseinanderzusetzen, welche die Anforderungen an die Ermächtigung des Verwalters zum Abschluss von Versorgungsverträgen und die Bestimmtheit von Beschlüssen über Erhaltungsmaßnahmen zum Inhalt des Disputes hatte. Zudem stand im Streit, inwiefern bei Beschlüssen über Erhaltungsmaßnahmen – hier: eine Kanalsanierung – dem Bestimmtheitserfordernis genügen müssen.

In Bezug auf die Ermächtigung des Verwalters zum Abschluss und zur Kündigung von Versorgungsverträgen urteile das erkennende Gericht, dass es zwar eine weitreichende Ermächtigung ordnungsmäßiger Verwaltung regelmäßig widersprechen dürfte, wenn im Rahmen eines Beschlusses eine Budgetobergrenze fehle. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf potentiell kostenträchtige Sanierungsmaßnahmen. Mit Blick auf den Abschluss und die Kündigung von Versorgungsverträgen widerspreche es hingegen nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Ermächtigung nicht durch eine Budgetobergrenze limitiert ist. Denn dort ist wegen der geringen Preisunterschiede für Strom, Gas etc. und der bei Versorgungsverträgen üblichen kurzen Laufzeiten die Gefahr viel geringer, dass der Verwalter der Gemeinschaft hohe Verbindlichkeiten aufbürdet, zumal der Verwalter ohnehin an die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung bei Abschluss und Kündigung von Versorgungsverträgen gebunden ist. Demgemäß sei der als Ermächtigung nach § 27 Abs. 3 Nr. 7 WEG (alte Fassung) aufzufassende Beschluss hier nicht zu beanstanden. Nach neuem Recht bedürfte es eines solchen nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG (neue Fassung) ohnehin wohl nicht mehr.

Hinsichtlich des Bestimmtheitserfordernisses einer Sanierungsmaßnahme, unabhängig von der Frage, inwieweit ein Verwalter Angebote erläutern muss, waren die getroffenen Beschlüsse für ungültig zu erklären, weil es ihnen an der erforderlichen Bestimmtheit fehlt. Für die Bestimmtheit gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs: „Nimmt ein Beschluss der Wohnungseigentümer auf ein Dokument Bezug, das weder Teil des Beschlusstextes noch des Protokolls ist, erfordert das Gebot der inhaltlichen Klarheit und Bestimmtheit, dass das in Bezug genommene Dokument zweifelsfrei bestimmt ist“ (BGH Urt. v. 8.4.2016 - V ZR 104/15 -. Dies war vorliegend nicht der Fall. Die Bezeichnungen „vorliegendes Angebot“ und „Angebot der Firma …“ ermöglichen keine zweifelsfreie Bestimmung der Angebote. Hierfür hätte es zumindest einer Angebotsnummer, des Datums des Angebots oder ähnlichem bedurft. Denn Wohnungseigentümerbeschlüsse sind wie Grundbucherklärungen lediglich objektiv-normativ auszulegen. Entscheidend sind daher der objektive Gehalt des Beschlusses und nicht die individuelle Vorstellung der am Beschluss beteiligten Wohnungseigentümer.

Praxistipp

Die vorliegende Entscheidung stellt zwar die Verwalterbefugnisse beim Abschluss von Versorgungsverträgen auf der Grundlage des alten WEG unter Heranziehung des § 27 WEG dar; diese Herangehensweise kann aber argumentativ auf den neuen § 27 WEG verwendet werden, der nunmehr die diesbezüglichen Verwalterbefugnisse normativ erweitert. Hinsichtlich Sanierungsmaßnahmen der WEG stellt die Entscheidung nochmals klar, dass entsprechende Beschlüsse so konkret wie möglich gefasst werden müssen, um den Vorwurf der Unbestimmtheit zu vermeiden.
Henry Naporra Rechtstipp
Henry Naporra
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht bei Haus & Grund Frankfurt