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Schadensersatzpflicht des Mieters bei Rückgabe der Wohnung mit auffälliger Farbdekoration

In der Vermietungspraxis stellt sich regelmäßig bei dem Auszug des Mieters die Frage, ob er bei Mietende verpflichtet ist, die von ihm angemietete Wohnung in einem neutralen Farbton zurückzuversetzen, sofern dieselbe während des Mietverhältnisses farblich umgestaltet hat.

Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass der Mieter nach der Anmietung und während des Mietverhältnisses berechtigt ist, seine Wände so bunt anstreichen, wie es ihm beliebt. Insoweit ist er völlig frei. Lediglich bei der Beendigung des Mietverhältnisses kann sich die Frage stellen, ob der Mieter die in einem extrem auffällig kräftigen Violett, Rot oder Blau gestrichenen Wände zu beseitigen hat und den ursprünglichen Zustand wiederherstellen muss.

Der Bundesgerichtshof entscheid bereits zu vorgenannter Frage im Jahre 2013 – Az.: VIII ZR 416/12 -, dass Mieter bunt gestrichene Wände vor der Rückgabe einer Wohnung wieder in neutralen Farben zu streichen haben, auch wenn das im Mietvertrag nicht ausdrücklich geregelt ist.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes aufgreifend, entschied das Amtsgericht Paderborn in einem Urteil vom 03.12.2020 – Az.: 57 C 44/20 -, dass der Vermieter bei Beendigung des Mietverhältnisses ein schutzwürdiges Interesse hat, die Wohnung in einem Dekorationszustand zurückzuerhalten, der dem Geschmack eines größeren Interessentenkreises entspricht und eine zeitnahe Weitervermietung ermöglicht. Wird die Wohnung zu Beginn des Mietverhältnisses mit unauffälliger Farbgestaltung übernommen, jedoch nicht in dezenten Farbtönen zurückgegeben, verstößt der Mieter gegen seine Rücksichtnahmepflicht gegenüber dem Vermieter und haftet auf Schadensersatz auch ohne eine vertragliche Regelung zum Rückgabezustand.

Der Entscheidung lag der Sachverhalt zu Grunde, dass der Vermieter vom Mieter nach Beendigung des Mieterverhältnisses Schadensersatz für die Streichung der Wände der Mietwohnung mit weißer Farbe durch einen Malerfachbetrieb verlangte. Zu Beginn des Mietverhältnisses waren die gesamten Wände und Decken der Wohnung weiß gestrichen und wurden in diesem Zustand durch den Mieter übernommen. Mietvertraglich hatte sich der Mieter verpflichtet, die Schönheitsreparaturen bei Beendigung des Mietverhältnisses und Rückgabe der Mietsache in einer zurückhaltenden, dem allgemeinen Geschmack entsprechenden Farbgestaltung vorzunehmen. Während des Mietverhältnisses überstrich der Mieter in der gesamten Wohnung die ursprünglich weißen Wände mit einem Farbton, dessen genaue Bezeichnung und konkrete Farbgebung im Verfahren streitig war. Hinter den bei Einzug bereits in der Wohnung befindlichen Möbeln und der Einbauküche strich der Mieter nicht. Trotz Aufforderung des Vermieters nahm der Mieter keinen erneuten Anstrich der Wände bei Beendigung des Mietverhältnisses vor. Die hierfür angefallenen Kosten machte der Vermieter gerichtlich geltend.

Nach Durchführung einer Beweisaufnahme zur Farbgestaltung der Wohnung bei Rückgabe verurteilt das Amtsgericht den Mieter unter Berücksichtigung eines Vorteilsausgleichs (Abzug neu für alt) zum Schadensersatz. Der Dekorationszustand der Wohnung bei Rückgabe genüge dem Interesse des Vermieters, die Wohnung in dezenten Farbtönen zurückzuerhalten, die dem Geschmack eines größeren Interessentenkreises entspreche und eine rasche Weitervermietung ermögliche, nicht. In diesem Fall haftet der Mieter wegen Verletzung der allgemeinen Rücksichtnahmepflicht gegenüber dem Vermieter auf Schadensersatz. Diese Schadensersatzpflicht besteht unabhängig davon, ob eine wirksame vertragliche Vereinbarung zwischen Mieter und Vermieter zum vertraglichen Rückgabezustand der Wohnung besteht oder nicht.

Praxistipp

Während der Mietzeit steht es dem Mieter im Rahmen des vertraglichen Mietgebrauchs aufgrund seines gesteigerten Interesses an der Gestaltung seines persönlichen Lebensbereichs frei, die Wände der Wohnung in jeder gewünschten Farbgestaltung zu dekorieren. Die Versuche in der Vergangenheit mit Vertragsklauseln, dieses Recht durch vertragliche Regelungen einzuschränken, scheiterten gerichtlich unter Verweis auf eine unangemessene Benachteiligung des Mieters. Im Umkehrschluss ist die durch den BGH anerkannte Verpflichtung des Mieters entstanden, bei Beendigung des Mietverhältnisses die Wohnung in einen farblichen Dekorationszustand zu versetzen, der von vielen Mietinteressenten akzeptiert wird und es dem Vermieter ermöglicht, zeitnah weiterzuvermieten.
Henry Naporra RechtstippHenry Naporra
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht bei Haus & Grund Frankfurt