Haus & Grund Frankfurt
am Main e. V.
Grüneburgweg 64
60322 Frankfurt am Main

Tel.: 069 - 95 92 91 - 0
Fax: 069 - 95 92 91 - 11

Menü
Topthemen

Außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung

Mietrückstände beglichen – Kündigung unwirksam?

Die hilfsweise ordentlich ausgesprochene Kündigung kann das Mietverhältnis trotzdem beenden. Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit seinem Urteil vom 13. Oktober 2021 (VIII ZR 91/20) bestätigt.
 
Erneut hat sich der BGH mit der Frage befasst, ob der Ausgleich aufgelaufener Mietrückstände innerhalb der sogenannten Schonfrist nicht nur die außerordentliche Kündigung des Vermieters unwirksam werden lässt, sondern auch die oftmals zugleich hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung erfasst. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist dies nicht der Fall. Die fristlose Kündigung ist mit dem Ausgleich der Mietrückstände zwar vom Tisch. Die hilfsweise ordentliche Kündigung kann das Mietverhältnis aber immer noch beenden.
 
Die Gerichte müssen also prüfen, ob die hilfsweise ordentlich ausgesprochene Kündigung alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt und ob im konkreten Fall Gründe vorliegen, die eine Berufung des Vermieters auf die ordentliche Kündigung ausnahmsweise treuwidrig erscheinen lassen.
 
Der Fall
In dem entschiedenen Fall klagte die Vermieterin gegen ihren Mieter auf Räumung einer Berliner Wohnung. Nach dem Mietvertrag schuldete der Mieter seiner Vermieterin monatlich eine Miete und Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von 1.000 Euro. Zwischen Juli 2018 und April 2019 zahlte der Mieter nur eine geminderte Miete und stellte die Zahlungen ab Mai 2019 vollständig ein. Daraufhin erklärte die Vermieterin ihrem Mieter wegen aufgelaufener Mietrückstände in Höhe von insgesamt 2.600 Euro die fristlose und hilfsweise die ordentliche Kündigung.
 
Nach Zustellung der Räumungsklage beglich der Mieter die Mietrückstände vollständig. Das Amtsgericht verurteilte den Mieter auf Grundlage der hilfsweisen ordentlichen Kündigung zur Räumung und Herausgabe der Wohnung. Das Landgericht Berlin hob das Urteil auf, wies die Klage ab und begründete dies damit, dass die Zahlung der Mietrückstände innerhalb der Schonfrist sowohl die außerordentliche als auch die hilfsweise ordentliche Kündigung unwirksam werden ließe. Der BGH attestierte dem Landgericht Berlin bei der Auslegung der Normen schwere Auslegungsfehler begangen zu haben und verweist die Sache zur erneuten Entscheidung zurück.

Bewertung von Haus & Grund Deutschland

„Die Entscheidung dürfte wohl auch für das Landgericht Berlin wenig überraschend sein, denn die Rechtsfrage war längst geklärt. Die Entscheidung steht vielmehr im Mittelpunkt einer politischen Debatte. Seit Jahren gibt es verschiedene Versuche, das Gesetz dahingehend zu ändern, dass die Zahlung des Mieters innerhalb der Schonfrist nicht nur die außerordentliche, sondern vielmehr auch die ordentliche Kündigung zunichte macht. Die verschiedenen Gesetzesinitiativen haben bisher keine Mehrheit im Deutschen Bundestag gefunden. Auch in dieser Legislatur wird es sehr wahrscheinlich einen gesetzlichen Änderungsentwurf geben, denn dies haben sich die regierenden Parteien – etwas verklausuliert – in den Koalitionsvertrag geschrieben.
 
Zielrichtung der Schonfristregelung ist die Vermeidung drohender Obdachlosigkeit, denn die außerordentliche Kündigung wird regelmäßig fristlos ausgesprochen. Dagegen muss es Vermietern aus wichtigem Grund möglich sein, Mietern unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen ordentlich kündigen zu können. Zahlungsverzug und unterlassene Mietzahlungen stellen gravierende vertragliche Pflichtverletzungen dar und werden regelmäßig als wichtiger Kündigungsgrund anerkannt. Sollte es dem Mieter möglich sein, durch Nachzahlung der Mietrückstände innerhalb der Schonfrist auch die Wirkung der ordentlichen Kündigung zu beseitigen, muss das Mietverhältnis grundsätzlich mit dem unzuverlässigen Mieter fortgesetzt werden, obgleich das Vertrauensverhältnis nachhaltig beschädigt sein dürfte. Da viele private Vermieter auf die laufenden Mieteinnahmen angewiesen sind, dürfte die andauernde Situation für manchen zu einer kaum erträglichen Zumutung werden.“