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Schadensersatz möglich?

Abbruch von Vertragsverhandlungen beim Grundstückskauf

In der aktuellen Lage finden die wenigen verkaufswilligen Eigentümer von Immobilien im Regelfall sehr schnell einen Käufer. Nicht selten befinden sich die Kaufinteressenten sogar in einem Wettbewerb mit anderen Interessenten: Wer mehr bietet, bekommt den Zuschlag.

Da bleibt es nicht aus, dass Kaufinteressenten auf den erhofften Vertragsabschluss hin bereits im Vorfeld monetäre Aufwendungen, wie Finanzierungskosten oder Notargebühren, aufwenden und nach einer Absage riskieren, auf diesen Kosten sitzen zu bleiben. Das Gleiche kann auch für den verkaufswilligen Eigentümer gelten, wenn der Käufer abspringt. Hierbei stellt sich dann die Frage, ob die angefallenen Kosten als Schadensersatz von demjenigen verlangt werden können, der für den Abbruch der Vertragsverhandlungen verantwortlich ist.

Tatsächlich wird bei Grundstücksverträgen der Grundsatz gelten, dass fast alles offen ist, bis die Tinte beim Notar trocken ist. Nach einer Entscheidung des Landgerichts Schwerin vom 18.02.2022 – Az.: 3 O 30/21 - besteht bei formbedürftigen Verträgen zur Vermeidung eines auch nur mittelbaren Abschlusszwangs ein Schadensersatzanspruch wegen Pflichtverletzung aus dem vorvertraglichen Schuldverhältnis nur, wenn ein schwerer, in der Regel vorsätzlicher Verstoß gegen die Pflichten zum redlichen Verhalten vorliegt.

Bei einem Grundstückskaufvertrag gilt die strenge Formvorschrift der notariellen Beurkundung. Die Beurkundung dient der Warnung und dem Schutz der Vertragspartner, unter anderem vor übereilten Verpflichtungen oder unüberlegten Bedingungen. Mit diesem Schutzzweck ist es unvereinbar, wenn der Vertragspartner mittelbar zum Abschluss des Vertrags gedrängt wird, beispielsweise durch drohende Schadensersatzansprüche.

Ein Schadensersatzanspruch wegen Pflichtverletzung aus einem vorvertraglichen Schuldverhältnis ist daher bei formbedürftigen Verträgen nur unter strengen Voraussetzungen anzunehmen. Pflichtwidrig handelt nur die Person, die Verhandlungen ohne triftigen Grund abbricht, nachdem sie in zurechenbarer Weise Vertrauen auf das Zustandekommen des Vertrags erweckt hat (BGH, IBR 1996, 305).

Praxistipp

Will ein Käufer die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass die Vertragsverhandlungen zum Erfolg geführt werden, kann er versuchen, eine Absichtserklärung mit Exklusivitätsklausel und Vertragsstrafe zu vereinbaren.
Henry Naporra RechtstippHenry Naporra, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht bei Haus & Grund Frankfurt am Main e.V.