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WEG:

Eine Markise ohne Eigentümerbeschluss?

Aufgrund der sommerlichen Temperaturen in diesem Jahr wird sich der eine oder andere Miteigentümer einer Wohnungseigentumsgemeinschaft (WEG) überlegen, seinen Balkon oder seine Terrasse mit einer Markise zu versehen, um ein schattiges Plätzchen zu schaffen.

Häufig passiert es, dass die Eigentümer eigenmächtig handeln und einfach eine Markise am Haus anbringen. Jedoch handelt es sich bei einer solchen Maßnahme um eine sogenannte bauliche Veränderung nach § 20 des Wohnungseigentumsgesetzes. Dies sind Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen. Für solche baulichen Veränderungen muss im Vorfeld ein gemeinschaftlicher Beschluss eingeholt werden. Ein umbauwilliger Eigentümer muss also vor der Maßnahme einen Beschluss einholen. Ansonsten handelt es sich um eine unzulässige bauliche Veränderung.

In diesen Fällen fragen sich die betroffenen anderen Eigentümer oftmals, was sie angesichts der aktuellen Regelungen des Wohnungseigentumsgesetzes unternehmen können. Können Sie im Alleingang gegen die Markise vorgehen? Oder sind Sie darauf angewiesen, dass die Gemeinschaft etwas gegen die störende bauliche Veränderung unternimmt?

Mit diesen Fragen haben sich das Amtsgericht Hamburg-St. Georg (Urteil v. 25.06.2021, Az. 980a C 5/21) sowie das Amtsgericht München (Az.: 481 C 16896/17 WEG ; Urteil vom 18.04.2018) befasst. In beiden Fällen brachte ein Eigentümer ohne vorherigen Beschluss eine Markise am Haus an. In einem Fall brachte ein Eigentümer die Markise nur über seinem Wintergarten an. In beiden Fällen klagten jeweils nur einzelne Eigentümer und nicht die gesamte Gemeinschaft.

Im Hamburger Fall wurde vorgetragen, dass die Markise die freie Sicht auf die Alster beeinträchtige, die der Eigentümer bislang von seiner Wohnung aus hatte. Auch war die Markise stark verschmutzt, was die Optik des gesamten Gebäudes beeinträchtigte. Außerdem fühlte sich der Eigentümer durch die Geräusche beim Ein- und Ausfahren der Markise gestört. Im Münchner Fall blendete die Markise mit ihren hellen Farben und änderte das optische Erscheinungsbild der Fassade.

Die Beklagten versuchten sich unter anderem damit zu verteidigen, dass ein einzelner Eigentümer gar nicht mehr berechtigt sei, alleine Klage zu erheben, da dies nun allein Sache der Gemeinschaft sei. Zunächst gilt nämlich der Grundsatz, dass nach dem neuen Wohnungseigentumsgesetz nur die Eigentümergemeinschaft gegen Störungen des Gemeinschaftseigentums – also auch im Klageweg -  vorgehen können.

Die Gerichte entschieden jedoch, dass auch ein einzelner Eigentümer klagebefugt ist, wenn eine nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung seines Sondereigentums vorliegt. In diesem Fall kann der Sondereigentümer selbst und nicht die Eigentümergemeinschaft gegen diese Störung vorgehen. Es war daher entscheidend, ob sich der Wohnungseigentümer durch die Markise nach der Verkehrsanschauung verständlicherweise beeinträchtigt fühlen konnte. Daher gaben die Gerichte in beiden Fällen auch den Klägern recht.
Niklas Graf RechtstippNiklas Graf
Rechtsanwalt bei Haus & Grund Frankfurt am Main e.V.