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WEG:

Wann ist ein Balkonkraftwerk erlaubt?

Den eigenen Strom mit einer Mini-Solaranlage auf dem Balkon selbst erzeugen – dafür interessieren sich immer mehr Eigentümer und Mieter. Doch wie sieht die Rechtslage in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) nach der Reform des Wohnungseigentumsrechts aus?

Dazu muss man wissen: Der neue § 20 Abs. 1 WEG sieht vor, dass bauliche Maßnahmen, die über die ordnungsgemäße Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, beschlossen oder aber einem Wohnungseigentümer durch Beschluss gestattet werden können. Insofern besteht die Möglichkeit, bauliche Veränderungen grundsätzlich mit einfacher Stimmenmehrheit zu beschließen. Gemäß § 20 Abs. 2 WEG neu kann jeder Wohnungseigentümer bauliche Veränderungen verlangen, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderung, dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge, dem Einbruchsschutz oder dem Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität dienen. Die Beschlussmacht wird lediglich insofern eingeschränkt, als diese baulichen Veränderungen die Wohnanlage nicht grundlegend umgestalten dürfen oder aber ein Wohnungseigentümer unbillig benachteiligt wird.

Vor diesem Hintergrund des § 20 WEG musste jetzt das Amtsgericht Konstanz (Urteil vom 09.02.2023 - 4 C 425/22) entscheiden, ob die Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Zustimmung zu einem Balkonkraftwerk haben. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Eigentümer einer Wohnanlage von 30 Wohnungen haben ihrem Mieter erlaubt, an der Außenseite des Balkons eine Mini-Solaranlage, ein sogenanntes „Balkonkraftwerk“, anzubringen. Eine vorherige Zustimmung der übrigen Eigentümer wurde nicht eingeholt. In der folgenden Eigentümerversammlung wurde mehrheitlich beschlossen, dass diese Mini-Solaranlage zurückgebaut werden muss. Die betroffenen Eigentümer sind gerichtlich gegen diesen Beschluss mit der Begründung vorgegangen, dass sie aus § 20 Abs. 1 WEG einen Anspruch auf Genehmigung hätten. Das Amtsgericht Konstanz lehnt in diesem konkreten Fall den Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers auf Genehmigung des Balkonkraftwerkes ab. Es führt aus, dass ein solcher Anspruch nicht aus § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG hergeleitet werden könne, da eine Photovoltaikanlage nicht ein Annex zur privilegierten E-Mobilität sei. Das Amtsgericht Konstanz hat in diesem Fall durch eine in Augenscheinnahme vor Ort festgestellt, dass die Anlage für die Balkonnachbarn eine erheblich wahrnehmbare optische Beeinträchtigung darstellt und daher nach § 20 Abs. 4 WEG keine Genehmigung verlangt werden kann.  

Für die Rechtspraxis ergibt sich aus dieser Entscheidung, dass die Genehmigungsfähigkeit eines solchen „Balkonkraftwerkes“ davon abhängt, ob die Anlage zu einer nicht unerheblichen Beeinträchtigung führt, die über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht. Hier wird zukünftig immer eine Einzelfallprüfung notwendig sein.
Claudia Knöppel RechtstippClaudia Knöppel, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht bei Haus & Grund Frankfurt am Main e.V.