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Besitzaufgabe der Mietsache:

Keine Rückgabe ohne Schlüssel

Im Hintergrund von Mietvertragsbeendigungen kommt es häufig zu der Frage, ob und ab wann die Mietpartei den Besitz an der Mietsache dauerhaft aufgegeben hat, so dass der Vermieter über die Wohnräume wieder verfügen kann. Da eine Selbsthilfe des Vermieters durch Betreten der Mietsache nach Mietvertragsbeendigung ohne die endgültige Besitzaufgabe des Mieters mit strafrechtlichen und zivilrechtlichen Konsequenzen geahndet wird, ist insbesondere die vollständige Schlüsselrückgabe des Mieters von Relevanz.

Das Amtsgericht Oberhausen entschied in einem Beschluss vom 01.06.2023 – Az.: 332 c 1706/22 - über die Frage, ab wann der Besitz an der Mietsache seitens der Mietpartei aufgegeben ist und ab wann der Vermieter wieder die Sachherrschaft über das Mietobjekt ausübt. In diesem Zusammenhang besteht aus Vermietersicht der häufige Irrglaube, dass durch eine Mietvertragskündigung nach Fristablauf die Sachherrschaft an der Mietsache wieder – notfalls zwangsweise – umgehend begründet werden kann. Tatsächlich hat die Mietpartei den Besitz an der Mietsache endgültig und vollständig aufzugeben, bevor der Vermieter wieder über die Mietsache verfügen kann.

Das Amtsgericht argumentierte, dass die Rückgabe einer Mietsache in aller Regel eine Veränderung der Besitzlage zu Gunsten des Vermieters erfordert. Eine Besitzveränderung zu Gunsten des Vermieters erfordert es meist, dass der Mieter den (eigenen) Besitz endgültig und vollständig aufgibt. Wegen des im Vordergrund stehenden Erfordernisses, dem Vermieter den Besitz zu verschaffen, erschöpft sich die Pflicht des Mieters auch nicht darin, den Besitz aufzugeben oder zu erklären, ein Recht zum Besitz und zur Nutzung der Mietsache nicht mehr zu haben. Deshalb darf er das Mietgrundstück bzw. die Mieträumlichkeiten nicht einfach verlassen, um seiner Rückgabepflicht zu genügen. Das gilt selbst dann, wenn der Mieter den Vermieter davon informiert und die Schlüssel an der Mietsache zurücklässt, da dies eine Sachherrschaft nicht begründet, sondern nur die Möglichkeit, sich diese zu verschaffen, ohne sie schon zu haben. Nach einer Schlüsselrückgabe hat allein der Vermieter die Fähigkeit, die unmittelbare Sachherrschaft auszuüben; diese Möglichkeit reicht zur Besitzbegründung aus. Zwar kann bei Vermietung derart, dass Vermieter und Mieter Besitz an der Mietsache ausüben, eine Rückgabe des Mieters durch bloße Besitzaufgabe erfolgen. Aber auch hier kann die Rückgabe der Schlüssel erforderlich sein.

Praxistipp

Das Gericht macht mit vorliegender Entscheidung nochmals deutlich, dass eine endgültige Besitzaufgabe die Rückgabe aller Zugangsschlüssel zu der Mietsache als Voraussetzung hat. Das bloße Verlassen der Mietsache – beziehungsweise das Vermuten das der Mieter die Mietsache zurückgelassen hat – reicht demnach nicht aus um eine Wiederinbesitznahme der Mietsache seitens des Vermieters zu begründen.
Henry Naporra RechtstippHenry Naporra,  Rechtsanwalt, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht bei Haus & Grund Frankfurt am Main e.V.